Medizingeschichte: Seuchenbekämpfung im Mittelalter
21.09.2000
Die Pest entvölkerte Mitte des 14. Jahrhunderts ganze Städte Europas und versetzte die Menschen in apokalyptische Angst. Da es gegen den Schwarzen Tod kein wirksames Mittel gab, suchten die Menschen die Ursachen in schlechten Ausdünstungen oder im Zorn Gottes über die menschliche Verderbtheit. Die Seuche prägte das Lebensgefühl der Menschen bis weit in die frühe Neuzeit hinein.
Dr. Jankrift und Prof. Toellner von der Universität Münster haben schriftliche Quellen und archäologische Funde erforscht, die Aufschluß über die Bekämpfung der gefährlichen und ansteckenden Infektionskrankheiten des Mittelalters geben.
Die beiden Forscher beschreiben vor allem die Besonderheiten lokaler gesellschaftspolitischer Maßnahmen gegen Epidemien. Sie zeigen die individuellen Eigenarten, das Wesen eines möglichen problembezogenen Erfahrungsaustauschs mit benachbarten Städten und die gegenseitige Beeinflussung in der Wahl der angewandten Maßnahmen zu Prophylaxe und Bekämpfung von Seuchen.
Der Umgang mit der Pest scheint mit der Zeit nahezu ein Bestanteil
städtischer Normalität geworden zu sein. Den Reaktionen auf den
Schwarzen Tod liegt in allen untersuchten Städten ein ähnliches
Handlungsmuster zu Grunde, das durch lokale Besonderheiten ergänzt wird.
Allerorts finden sich Hinweise auf die Flucht von Teilen der Bevölkerung
sowie geistlicher und weltlicher Autoritäten. Besonders im 16.
Jahrhundert häuften sich städtische Verordnungen, die das Verhalten in
Seuchenzeiten regeln sollten. Bittprozessionen und -messen zur Abwendung
des Unheils lassen sich in steter Regelmäßigkeit belegen. Unterschiede
finden sich im medizinischen Umgang mit der Pest. Sie reichen von der
gelegentlichen Beschäftigung eines städtischen Arztes bis zur
Einrichtung von Häusern zur Aufnahme Pestkranker.
Maßnahmen zur Verbesserung der hygienischen Bedingungen sowie
fortschrittliche Wasserversorgungssysteme haben vermutlich die
Häufigkeit des Auftretens von Seuchen beeinflußt. Die hygienischen
Verhältnisse in den Städten waren höchst unterschiedlich und unterlagen
immer wieder Veränderungen. Offensichtlich trugen auch
Massenveranstaltungen wie Jahrmärkte, Messen und Wallfahrten, zur
Verbreitung infektiöser Krankheiten bei.
Die Studie berücksichtigt außer der immer wieder ausbrechenden Pest auch
Lepra (die eigentlich keine Seuche ist) und das "Antoniusfeuer" (das
keine Infektionskrankheit ist) sowie das erste Auftreten der Syphilis
zum Ende des 15. Jahrhunderts und den "Englischen Schweiß" des Jahres
1529.
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