Lesen und Schreiben in psychischen Krisen
15.09.2000
In psychischen Krisen schreiben sich viele Menschen ihre Ängste und Schmerzen von der Seele oder lesen Bücher, die ihnen Rat und Hoffnung geben.
Viele psychisch Kranke greifen intuitiv zu dieser Form der Selbsthilfe. In den USA sind Poesie- und Bibliotherapie anerkannte Therapiemethoden, in Deutschland hat die heilende Wirkung von Lektüre und Schriftstellerei noch keine Beachtung gefunden. Erstmalig beschäftigt sich eine Pilotstudie der Universität Münster mit der Bedeutung von Schreiben und Lesen in einer Lebenskrise.
Das Forschungsteam hatte sich 1996 an Menschen gewandt, die mit oder ohne psychotherapeutisch-psychiatrische Unterstützung eine schwere Krise bewältigt haben. Die hohe Resonanz mit fast 5000 Texten von 800 meist weiblichen Autoren deutet auf ein Massenphänomen und auf den starken Wunsch, diese Selbsterfahrungen mitzuteilen.
Das Spektrum reicht von kurzen über ausführliche Briefe, Gedichte, Erzählungen, Aufsätze, Tagebuchauszüge bis zu umfangreichen Autobiographien und Tagebüchern. Viele Texte entstanden, ohne durch Reflexion gesteuert zu sein und drücken unmittelbar inneres Erleben aus, einige Niederschriften haben literarische Qualität. Die Aufzeichnungen kreisen um körperliche Krankheiten, Trennungsschmerzen, psychische Krisensituationen, Isolation, Angst und Tod.
Diese Themen prägen auch den Lesestoff der Studienteilnehmer: Psychologische und medizinische Sachbücher und Ratgeber, aber auch Erfahrungsberichte, Trivialliteratur und Weltliteratur finden sich in den Bücherschränken. Dabei zeigt sich, daß in psychischen Grenzsituationen das Lesen als Konzentrationsübung oder Ablenkung, aber auch als Hilfe dient.
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