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OGH erweitert ärztliche Aufklärungspflicht

06.09.2000

Der Oberste Gerichtshof dehnt die ärztliche Aufklärungspflicht weiter aus. Der Arzt muss über alles informieren, was im Zuge einer Operation und danach passieren kann. Diese Aufklärungspflicht ist aber nicht schon dann erfüllt, wenn eine Heilbehandlung nach allen Regeln der ärztlichen Kunst erfolgte und die ärztliche Aufklärung vor dem Eingriff ausreichend war.

Patienten müssen jetzt auch vor den Gefahren einer Nichtbefolgung therapeutischer Anweisungen gewarnt werden. Denn die gebotene Aufklärung umfasst auch die therapeutische Aufklärung - und geht so weit, dass der Patient auch über die möglichen Gefahren der Nichtbefolgung einer therapeutischen Anweisung zu unterrichten ist.

Anlassfall
Der 33jährige Kläger brach sich den linken Unterschenkel und wurde noch am Tag des Unfalls im UKH Klagenfurt operiert. Bei seiner Entlassung aus dem Spital wurde dem Mann von "einfacher Auffassungsgabe" eine Bewegungstherapie verschrieben. Auf allfällige schädliche Folgen einer Unterlassung der empfohlenen Therapie wurde im Spital nicht hingewiesen.

Prompt befolgte der Kläger die Therapieanweisung nicht, was zur Folge hatte, dass sich der Heilungsverlauf durch das Auftreten des Morbus Sudeck verzögerte und in eine (Dauer-)Form verminderter Belastbarkeit seines linken Beines mündete. Der Morbus Sudeck ist eine Erkrankung des Knochen- und Weichteilgewebes, die mit Schwellungen und Schmerzen beginnt und zur Versteifung von Gelenken führen kann. Da der Kläger nicht mehr seinen bisherigen Beruf als Lkw-Fahrer ausüben kann, klagte er auf Schadenersatz und Verdienstentgang.

Übungen unerlässlich
Bei der Entlassung aus dem UKH Klagenfurt hatte der Arzt den Kläger dazu angehalten, die ihm vorgegebenen Bewegungsübungen unter Teilbelastung weiterhin durchzuführen. Nach ärztlichem Wissensstand lässt die rechtzeitige Belastung eines versorgten Knochenbruchs tendenziell Komplikationen nach dem Sudeck-Schema ausbleiben.

Dem Arzt wird aber vorgeworfen, seinen Patienten nicht darauf hingewiesen zu haben, "dass diese Übungen eine unerlässliche Notwendigkeit zur möglichst umfassenden Ausheilung darstellen". Überdies hätte er ihm sagen müssen, dass "im Fall der Unterlassung die Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Begleiterkrankungen (z. B. Morbus Sudeck) tendenziell vergrößert wird".

Nach Aussage des Obersten Gerichtshofs hätte der Arzt den Kläger insbesondere darauf aufmerksam machen müssen, dass er "im Fall des Erkennens atypischer Veränderungen im operierten Beinbereich (Rötung der Haut, verstärkte Schwellungsneigung, aufsteigender Belastungsschmerz) - auch über die vereinbarten Kontrolltermine hinausgehend - das Krankenhaus aufsuchen könne und müsse". Der Fehler des Arztes besteht demnach darin, dass er dem Kläger nicht eindringlich genug erklärt hat, wie wichtig oder dringend die Therapiemaßnahme ist.

Dem Kläger als medizinischem Laien musste daher nicht bewusst sein, "dass bereits die Unterlassung der verordneten alltäglichen Bewegungstherapie zu der Risikoerhöhung führen kann". Weil der Mann in keiner Weise informiert worden war, wie er allfällige vom Normalheilungsverlauf abweichende Reaktionen im Bruch- bzw. Operationsbereich hätte beurteilen und erkennen können, erhielt er recht - und vom beklagten UKH Schadenersatz in Höhe von 600.600 Schilling (43.647,30 Euro) zugesprochen.

Schmerzen missdeutet
Nach Meinung des Höchstgerichts hätte eine Aufklärung über die ersten Symptome eines Morbus Sudeck bewirkt, dass der Kläger "diese Symptome seinem Schmerzensbild zuordnen hätte können", und es wäre dadurch eine Früherkennung möglich gewesen. Dass der Kläger die empfohlene Bewegungstherapie nicht befolgt hat, erklärt sich das Gericht damit, dass er die Therapie "aufgrund der dabei auftretenden Schmerzen nicht durchführen konnte" und ihm diese Schmerzen mangels näherer ärztlicher Erläuterungen als durchaus normal erschienen.

© medizin.at / Hübner


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