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Bericht: Undeutliche Sprache, klarer Geist

25.08.2000

Wer sich nur murmelnd oder kaum artikuliert verständlich machen kann, wird oft für gesiteskrank oder betrunken gehalten: Doch folgt oft ein zusätzlicher - sozialer - Leidensdruck den medizinischen Beeinträchtigungen, die Patienten mit schweren, das Nervensystem schädigenden fortschreitenden Krankheiten wie Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Chorea Huntington oder Heredo Ataxie belastet.

Sie werden selten darüber informiert, daß ihre Erkrankung häufig eine Sprechstörung nach sich zieht. So werden sie auch nicht über die Folgen aufgeklärt, die eine eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit für Berufsleben, Freizeitverhalten und soziale Kontakte haben kann, hat Dr. Barbara Giel, von der Universität Köln in einer Studie festgestellt.

Der ist doch sicher betrunken...
Oft werden Menschen wegen einer erkrankungsbedingt undeutlichen Artikulation als betrunken oder geistig gestört eingeschätzt, obwohl ihr Intellekt nicht beeinträchtigt ist. Hier fehlt eine umfassende Aufklärung der Allgemeinheit. Zudem gibt es kaum Psychologen, die mit Patienten arbeiten, die starke Kommunikationsstörungen haben.

Leidensdruck ist relativ
Die Bewertung der Belastung durch die Sprechstörung im Zusammenhang mit der Grunderkrankung stellt sich aus der Perspektive der Betroffenen anders dar als aus Expertensicht: So wird ein Sprachtherapeut die Kommunikationsstörung eventuell als belastender ansehen als der Patient, der durch seine Erkrankung mit Problemen konfrontiert ist, die die Lebensqualität möglicherweise stärker einschränken als die Sprechstörung.

Die Bedeutung von Kommunikation ist zudem nicht objektiv messbar: So wird die reduzierte Verständlichkeit von den Betroffenen unterschiedlich eingeschätzt. Es kann sein, daß ein Patient die Sprechstörung als wenig gravierend empfindet, weil sprachliche Kommunikation in seinem Leben keine herausragende Rolle gespielt hat oder er mit massiveren Beeinträchtigungen kämpft.

Ein solcher Patient wird von der Notwendigkeit einer sprachtherapeutischen Behandlung nicht überzeugt sein und entsprechend schlecht mitarbeiten. Die Behandlung wird für Patient und Therapeut ermüdend und bleibt letztlich erfolglos.

Wie mit dem Problem umgehen?
Die Betroffenen sind nicht nur mit der Grunderkrankung oder der Verschlechterung ihrer Kommunikationsfähigkeit konfrontiert, sondern haben verschiedene, aber miteinander in Zusammenhang stehende Lebensereignisse zu bewältigen, wie z.B. Auseinandersetzung mit Krankheit und Tod, Aufgabe des Berufes, Verringerung des Einkommens, sinkender Sozialstatus, erkrankungsbedingte Veränderungen der Freizeitaktivitäten und Hobbys, Verringerung der Sozialkontaktdichte, Probleme mit dem Lebenspartner etc.

Ein wichtiger Faktor im Umgang mit dieser Situation ist das Wechselspiel zwischen der Wahrnehmung von Bedrohung durch die Erkrankung und ihre Folgen und der Wahrnehmung der eigenen Möglichkeiten, die Situation zu bewältigen. Diese Beziehung verschiebt sich zum Positiven, je besser der Betroffene - möglichst schon vor Auftreten der Erkrankung - über die Krankheit und daraus resultierende Störungen informiert ist.

Aufklärung wider die Hilflosigkeit
Das Gefühl der Bedrohung, der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins wird dann schwächer zugunsten der Überzeugung, selber an der Aufrechterhaltung oder Wiedererlangung der eigenen Lebensqualität mitwirken zu können. Natürlich spielt auch die Unterstützung durch die Umwelt hierbei eine große Rolle, die umso mehr gewährleistet ist, je besser die Menschen über die entsprechenden Krankheitsbilder informiert sind.

Die Sprachtherapeutin plädiert für eine bessere Aufklärung der Patienten im Zuge der Diagnosestellung. Daneben fordert sie öffentlichkeitswirksame Aufklärungskampagnen, wie sie für die Früherkennung beim Schlaganfall erfolgreich durchgeführt wurden.

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