Vor Wettkampf steigt Infektgefahr
27.06.2000
"Mit Fieber soll man nicht trainieren": Ausgerechnet in der Zielkurve zum Leistungshöhepunkt entsteht die größte Gefahr, durch einen Infekt aus der Bahn geworfen zu werden. Jenaer Sportmediziner und ehemaliger Leistungssportler forscht über Immunabwehr und Leistungssport. Seine Erkenntnisse bestätigen alte Hausarztregeln.
"Dabei wissen wir, daß Sport grundsätzlich die Immunabwehr stärkt", weist Prof. Dr. Gabriel, Sportmediziner der Universität Jena, auf ein scheinbares Paradox hin. So hat der ehemalige Zehnkämpfer Untersuchungen über den Zusammenhang von Immunabwehr und Leistungssport angestellt.
Gabriel klärte auf, welche Prozesse das Immunsystem aus dem Gleichgewicht bringen können. "Wir haben es bei der körpereigenen Immunabwehr mit einem biologischen Regelsystem zu tun, das einerseits eine heilsame, weil erregerfeindliche Entzündung provoziert, andererseits zeitverzögert eine entzündungshemmende Schutzwirkung entfaltet", erläutert er.
Eine Schlüsselfunktion kommt dabei den biochemischen Botenstoffen zu: Etwa dem Tumornekrosefaktor alpha, Interleukin 1 und 6 auf der einen und Interleukin 10 bzw. dem Hormon Kortisol auf der anderen Seite. "Diese Abwehrbremse durch Kortisol ist überlebenswichtig", weiß Gabriel, "sonst würden die einmal aktivierten Makrophagen nicht nur infizierte Zellen und Krankheitserreger vertilgen, sondern auch gesundes Gewebe angreifen." Die schlimmste Folge wäre eine lebensgefährliche Blutvergiftung.
Bei Leistungssportlern kann dieses Gleichgewicht aber kippen: "Bei Belastung wird das sympathische Nervensystem auf Touren gebracht und vermehrt Kortisol ausgeschüttet. Wenn die Regenerationsphasen lang genug sind, ist das grundsätzlich kein Problem", resümiert Gabriel.
Knapp vor Wettkämpfen bei härterem Training und Stress genügt jedoch ein kleiner Anlass wie ein Wespenstich oder ein Schnupfen in der Familie, um für den Athleten den Super-Gau auszulösen. Denn der erhöhte Kortisolspiegel behindert den Transport der Immunzellen vom Knochenmark zum Infektionsherd, die Erreger haben leichtes Spiel.
In dieser Situation gibt es nur eine Handlungsmaxime: Den Trainingsplan zurückstecken und erst den Infekt auskurieren. "Alles andere ist hochriskant für Leib und Leben", warnt Gabriel, denn: "Im schlimmsten Fall droht ein plötzlicher Herztod". Das nun wussten bereits die alten Hausärzte...
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