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Der "schrecklich normale Mann"

20.06.2000

Der "typische" Vergewaltiger ist der Mann von nebenan. Dennoch lassen sich die Täter bestimmten Typen zuordnen, berichten Experten auf dem 53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Psychisch und psychosexuell abnorme Täter sind jedoch eine Minderheit.

"Den typischen Sexualstraftäter gibt es nicht", stellt der Arzt und Jurist, Prof Wille, fest: "Die Gruppe der aggressiven Sexualstraftäter ist heterogen und sexualpathologisch recht unspezifisch." Mit den Feministinnen ist sich Wille an einem Punkt einig: "Der typische Vergewaltiger ist der "Mann von nebenan", der "schrecklich normale Mann".

Der Umkehrschluss, betont Wille, sei jedoch nicht zulässig: "Nicht jeder normale Mann ist auch Vergewaltiger." In einer sexualmedizinisch-kriminologischen Feldstudie hat Wille alle 1982 angezeigten sexuellen Aggressionsdelikte des Landgerichts Kiel untersucht. Resultat: Die Täter lassen sich in fünf Gruppen einteilen:

Psychisch und psychosexuell abnorme Gewalttäter, mit sadistischen Neigungen sind selten. Weniger als 10% der Täter ordnete Wille dieser Kategorie zu.

Weiter 10% der Täter konnten sich mit weiblicher Dominanz im Zusammenleben nicht arrangieren. Sie agierten ihre Frustration durch körperliche und schließlich auch sexuelle Gewalt nicht nur gegen die Partnerin, sondern auch gegen andere Frauen ab.

20% der Täter ordnete Wille in die Gruppe der "spätpuberalen Jungtäter" ein, selbstunsicher, geringe sexuelle Erfahrung, Frauen fürchtend.

Rund 30% der Täter waren öfter einschlägig vorbestraft, obgleich sozial gut etablierte "Macho-Typen". "Sie halten sich in ihrer sexistischen Überheblichkeit für unwiderstehlich", urteilt Wille, "und sind überzeugt, daß jede Frau von so einem omnipotenten Idealmann wie ihnen verführt werden will."

Bei weiteren 30% der Täter stellt Wille eine "unkontrollierte Bedürfnisbefriedigung, Rücksichtslosigkeit sowie vergröberte und undifferenzierte Persönlichkeitsstrukturen" fest.

Wille hat auch die Reaktionen der Opfer bei der Erstattung der Anzeige untersucht: 40% wirkten äußerlich und innerlich kontrolliert, 30% waren völlig aufgelöst, weinten, machten sich Selbstvorwürfe, 30% zeigten "paradoxe Reaktionen", kicherten, waren kaum ansprechbar.

Wie die Umwelt auf die Opfer von Vergewaltigungen reagiert hat Andrea Thom im Rahmen ihrer Doktorarbeit ermittelt: Partner und Familien reagierten zu 75% nach anfänglicher Rat- und Hilflosigkeit rücksichtsvoll und unterstützend. Jede 10. Frau erlebte am Arbeitsplatz Kälte, Abweisung und mangelnde Sensibilität. Ein Arzt verweigerte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, gegen eine Klinik, die die Untersuchung eines Opfers verweigert hatte, wurde ein Strafverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung eingeleitet.

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