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Stop für das Selbstmordprogramm im Auge

07.10.1999

"Das Glaukom ist deshalb so gefährlich, weil es keine Schmerzen verursacht und der Patient oft sehr spät zum Arzt kommt", berichtete Prof. Dr. Hans Gnad, Vorstand der Augenabteilung im Krankenhaus Lainz, Wien, Präsident der Österreichischen Ophthalmologischen Gesellschaft, am Ophthalmologenkongreß Ende Mai in St. Pölten.

Die meisten Glaukomschäden wären jedoch durch einfache Vorsorgeuntersuchungen vermeidbar. 2,8 Millionen Menschen in Europa leiden an Grünem Star. Weltweit haben 3,5 Millionen durch Glaukom ihr Augenlicht verloren. Ein nicht erkanntes oder unbehandeltes Glaukom gehört auch bei uns zu den häufigsten Erblindungsursachen. Besonders gefährdet sind die über 40jährigen. Ein spezielles Risiko tragen Diabetiker, Blut-hoch- oder -niederdruckpatienten, besonders Kurz- und Weitsichtige, Patienten mit Gefäßkrankheiten und Raucher.

*Viele schädigende Faktoren Ein Glaukomschaden entsteht meist, wenn das Kammerwasser im Augapfel nicht richtig abfließen kann. In der Folge steigt der Augendruck und der Sehnervkopf erleidet Schaden. Das Offenwinkelglaukom stellt sich schleichend ein und schädigt langsam und heimlich den Sehnerv. Das Winkelblockglaukom hingegen verläuft dramatisch mit anfallsartigen heftigen Schmerzen im Augenbereich, die bis zum Herzen ausstrahlen können und oft zur falschen Diagnose Herzanfall verleiten. Beide Formen sind gleich gefährlich.

Mittels verschiedener Augentropfen wird eine Normalisierung des Augeninnendrucks angestrebt. Prof. Dr. Wolfgang Göttinger, Vorstand der Innsbrucker Universitäts-Augenklinik: "Das Glaukom kann trotz guter Druckeinstellung rasch voranschreiten - was auf andere schädigende Faktoren hinweist."

Tatsächlich belegen neueste Forschungen, daß es im Rahmen der Krankheit zur Freisetzung von Neurotransmittern, Giftstoffen (freie Radikale) und Ionen (Kalzium, Kalium) kommt. Sie verändern das Augenmilieu so stark, daß gesunde Nervenfasern massiv geschädigt werden. Nun wurden neuroprotektive Substanzen gefunden, die diese sekundäre Degeneration des Sehnervs verhindern können. "Die ideale Therapie besteht in der Anwendung einer Substanz, die sich nicht nur drucksenkend auswirkt, sondern auch die Durchblutung verbessert und zugleich neuroprotektiv wirkt", so Göttinger.

Wenn medikamentöse Therapien nicht mehr greifen, können mikrochirurgische Techniken helfen, z.B. Laserbestahlung, Filteroperation und Einsatz von Kunststoffventilen, so Prof. Dr. Rupert Menapace von der Wiener Universitäts-Augenklinik. Darüber hinaus befinden sich vielversprechende neue Methoden in klinischer Erprobung.

*Eine neurologische Erkrankung? Neues aus der Glaukomforschung präsentierte auch Prof. Dr. Heinrich Freyler, Vorstand der Wiener Universitäts-Augenklinik: "Wir sind hirnabgeleiteten Faktoren auf der Spur, die selbst schwer geschädigte Zellen wieder aufbauen können. Vielleicht werden wir sogar einmal in der Lage sein, bereits zugrundegegangenes Nervengewebe im Auge wieder zu regenerieren."

Andere Wissenschafter erforschen das Glaukom - wie Epilepsie, Parkinson oder Alzheimer - als neurologische Erkrankung. Bei all diesen Erkrankungen gehen die Nervenzellen durch Apoptose zugrunde. Dabei läuft in der Zelle ein genetisch gesteuertes Selbstmordprogramm ab.

Derzeit wird intensiv nach Substanzen gesucht, die nicht nur das Gewebe des Sehnerven schützen, sondern auch das Auslösen des Selbstmordprogrammes verhindern. Die Molekularbiologie hat inzwischen sieben Gene für die Entstehung des Glaukoms gefunden. Neu ist auch die Entdeckung sogenannter Aquaporine - Eiweißkörper, die Wasser durch Zellen schleusen. Diese könnten den "gestauten" Wassertransport im Auge normalisieren.

© medizin.at / ÄRZTEWOCHE

 

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