Die Pharmaindustrie könnte ungewollt die "Pille für den Mann" entwickelt haben. In US-Kliniken hat man herausgefunden, dass Calciumblocker, die zur Bekämpfung von Bluthochdruck eingesetzt werden, möglicherweise das Sperma des Mannes unwirksam machen.
Nach einem Bericht des "Spiegel" könnte der Calciumblocker Nifedipin - dieser wird alleine bei den Nachbarn in Deutschland ca. 20 Millionen Mal verschrieben - subtile Veränderungen im männlichen Samen hervorrufen: Nifedipin, so die Erkenntnis von US-Medizinern, verhindert, dass Rezeptoren an die Oberfläche des Spermas kommen, durch die das Sperma erst an die weibliche Eizelle andocken und diese befruchten kann.
Gute und schlechte Nachricht
Die Erkenntnis der Mediziner hat eine gute und eine höchst problematische Seite: Einerseits wäre auf einfachstem Weg eine Pille für den Mann gefunden; auf der anderen Seite bedeutet dies aber, dass Millionen von Männern, die Calciumantagonisten gegen Blutdruckprobleme einnehmen, möglicherweise unfruchtbar sind.
Diese Problematik erklärt auch, warum die Pharmaindustrie nicht auf die Forschungsergebnisse aus den Kliniken reagiert und den Blutdrucksenker als "Pille für den Mann" preist. Da sich Männer traditionell weniger um die Verhütung kümmern als Frauen, ist wohl kein Viagra-Effekt für dieses Marktsegment zu erwarten.
Ganz im Gegenteil: Millionen von Patienten sind durch den Blutdrucksenker möglicherweise zeugungsunfähig und werden, so sie die Nachkommenschaft noch vergrößern wollen, alles daransetzen, auf ein anderes, in diesem Bereich aber nebenwirkungsfreies Medikament umzusteigen. Für die Hauptproduzenten von Nifedipin könnte dies heißen: Die Patienten wandern zur Konkurrenz ab.
Mögliche Nebenwirkungen müssen im Beipacktext von Medikamenten erwähnt werden. Die Pharamaindustrie muss danach trachten, dass die jüngsten Erkenntnisse nicht zu sehr in der Öffentlichkeit breitgetreten werden. Die erhoffte Weiterentwicklung von Nifedipin als "Pille für den Mann" wird jedenfalls ausbleiben.
© medizin.at / Presse