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Die trickreiche Diagnostik der "Küsser-Krankheit"

07.10.1999

Die infektiöse Mononukleose wird durch das Epstein-Barr-Virus (EBV), verwandt mit den Herpesviren, hervorgerufen. Die "kissing disease" tritt meist im Kindes- oder jugendlichen Erwachsenenalter auf, bevorzugt zwischen dem 15. und 20. Lebensjahr. Die Übertragung erfolgt durch infektiösen Speichel (Vir.Ep.Inf. Nr. 8/98-2).

Das klassische Krankheitsbild nach 4 bis 7 Wochen Inkubationszeit ist durch Fieber, Tonsillitis, Lymphknotenschwellung, abnorme Leberfunktionsproben und vermehrte (auch atypische) Lymphozyten im Blutbild charakterisiert. Allerdings verlaufen bis zu zwei Drittel der Fälle, insbesondere bei Kindern, asymptomatisch. Junge Erwachsene klagen oft nur über oft wochenlange Abgeschlagenheit und subfebrile Temperaturen. Einige haben mäßig erhöhte Leberenzymwerte. Die virologische Labordiagnostik kann sich trickreich gestalten, denn die Befundvariationen sind zahlreich und variabel.

*Drei verschiedene Antikörperklassen Der klassische Nachweis heterophiler Antikörper ist noch immer von Bedeutung. Allerdings finden sich bei Erwachsenen heterophile Antikörper nur in ca. 80% der Fälle und bei Kindern nur zu 50 %. Bei Kleinkindern unter 2 Jahren ist dieser Test in der Regel nicht zielführend. In vielen Fällen ist daher der Nachweis EBV-spezifischer Antikörper durch indirekte Immunfluoreszenz notwendig. Das Grundgerüst der spezifischen EBV-Diagnostik besteht hier aus dem Nachweis 3 verschiedener Antikörper-Klassen: gegen Virusstrukturproteine gerichtete IgM Antikörper (VCA-IgM), gegen ebendiese Proteine gerichtete IgG Antikörper (VCA-IgG), und gegen nukleäre Nichtstrukturproteine gerichtete IgG Antikörper (EBNA-IgG).

VCA-IgM sind der Beweis für eine akute Infektion. Heimtückischerweise sind aber VCA-IgM bei frischen Infektionen nicht immer nachweisbar. Speziell bei Kindern schließt ein negativer EBV-VCA-IgM-Befund eine rezente Infektion nicht aus. Dann wird der Nachweis von VCA-IgG und EBNA-IgG wichtig. Sind auch diese beiden Antikörper-Gruppen nicht nachweisbar, hat der Patient bis jetzt noch keinen Kontakt mit dem EBV gehabt. Finden sich beide Antikörper, so liegt der Zeitpunkt der Infektion schon mindestens 8 Wochen zurück, denn die EBNA-Antikörper werden erst 2 bis 6 Monate nach der Infektion nachweisbar. Meistens bedeutet dieser Befund, daß das aktuelle Krankheitsgeschehen nicht durch EBV hervorgerufen wird. Allerdings bilden etwa 5% der Menschen nie nachweisbare EBNA-Antikörper.

*Aviditätstest klärt bisher unklare Befunde Das macht die Interpretation der letzten noch verbleibenden Antikörper-Konstellation besonders schwierig: Sind VCA-IgM negativ, VCA-IgG positiv und EBNA-IgG negativ, so ist man zunächst nicht viel schlauer als zuvor. Der neue IgG-Aviditätstest liefert auch bei verzwickten Konstellationen meist eine rasche Diagnose. Er nutzt den Umstand, daß die Avidität von IgG-Antikörpern mit der Zeit "reift", d.h., der Körper produziert im Laufe der Zeit immer besser bindende Antikörper. Finden sich also weniger gut bindende Antikörper ("niedrig avide"), so ist die Infektion noch frisch, finden sich hoch avide Antikörper, so liegt die Infektion bereits länger zurück.

Bei einem isoliert positiven EBV-VCA-IgG-Antikörper-Befund ist der Aviditätstest die Methode der Wahl, um eine rezente Infektion mit dem EBV nachzuweisen bzw. auszuschließen. Außerdem ist es möglich, bei Kindern im ersten Lebensjahr zwischen (hoch aviden) mütterlichen Antikörpern und niedrig aviden, kindlichen Antikörpern im Rahmen einer akuten Infektion des Kindes zu unterscheiden. Bei einer entsprechenden Fragestellung werden die Kosten des Aviditätstests neuerdings auch von der Krankenkasse übernommen.

© medizin.at / ÄRZTEWOCHE

 

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