Fast jede zweite Ärztin in Belgien gibt an, am Arbeitsplatz schon einmal sexuell belästigt worden zu sein. Dies hat jetzt eine Umfrage der belgischen Ärztezeitung "artsenkrant ergeben.
Insbesondere während ihrer Aus- und Weiterbildung sind Frauen diesen Belästigungen ausgesetzt. In ihrem späteren Berufsleben sind sie nach eigenen Angaben davon eher weniger betroffen, so die Zeitung.
Dieses Ergebnis decke sich mit einer Untersuchung aus den Vereinigten Staaten, so die belgischen Autoren Maurice Einhorn und Pascal Seeleslagh. In der US-Studie werde ferner berichtet, daß entsprechend verschiedener Umfragen besonders geschiedene und alleinstehende Frauen mit Belästigungen von seiten der Männer fertigwerden müßten. Dies sei besonders in den klassischen Männerdomänen wie Chirurgie oder Notfallmedizin festzustellen, in denen strikte hierarchische Strukturen besonders stark ausgeprägt seien.
Eine Tatsache, die leicht zu erklären ist: Es sei schließlich bekannt, daß bei sexuellen Belästigungen und sexueller Gewalt der Machtfaktor eine große Rolle spielt.
Im Interview mit "artsenkrant" berichtete eine belgische Ärztin, die bereits seit über 20 Jahren berufstätig ist, von eigenen Erfahrungen. "Ich bin zum Glück niemals männlichen Handgreiflichkeiten ausgesetzt gewesen. Wohl aber mit Situationen, die man weitgefaßt als sexuelle Belästigung bezeichnen kann. Manchmal werde ich eher als Maskottchen und Kaffeetante behandelt und nicht als Kollegin." Was unter dem Begriff sexuelle Belästigung zu verstehen ist, darüber gehen die Meinungen der befragten Frauen auseinander.
In "artsenkrant" wird hierbei eine Untersuchung des belgischen Ministers Miet Smet zitiert. Er ließ bereits 1984 abfragen, auf welche Weise sich Frauen am Arbeitsplatz sexuell belästigt fühlen.
51 Prozent der Frauen gaben an, daß ihnen verstohlene Blicke nachgeworfen und sie angestarrt werden. 47 Prozent finden, daß Männer sie förmlich mit den Augen ausziehen. Doppeldeutige Bemerkungen kamen 42 Prozent der befragten Ärztinnen zu Ohren. Mit Pornos wurden 23 Prozent der Frauen konfrontiert. Ebenfalls 23 Prozent haben bereits Handgreiflichkeiten erfahren. Direkte Anfragen sexueller Art mußten sich 19 Prozent stellen. Durch körperliche Gewalt bedroht wurden fünf Prozent der Frauen.
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