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Umweltmedizin bietet kaum Karrierechancen

18.10.1999

Ende Mai fand in Innsbruck die Tagung "Medizin und Umwelt in Österreich - 10 Jahre Ärzte für eine gesunde Umwelt" statt. Dr. Gerd Oberfeld, Umweltmedizin-Referent der Ärztekammer, beschäftigte sich in seinem Vortrag mit "Brennpunkten der Umweltmedizin in Österreich".

Oberfeld ging vor allem auf die Belastung der Atemluft mit Staubpartikeln (Dieselabgase, Holzheizungen) und die Strahlung von GSM-Antennnen ein. Prof. DDr. Egon Marth, Vorstand des Hygiene-Instituts der Universität Graz, gab einen Überblick zum Thema "Allergie und Umwelt".

Er wies darauf hin, daß Schadstoffe wie Cadmium in vitro immunologische Reaktionen hervorrufen können, ohne dabei als Antigen oder Allergen zu wirken. Die Notwendigkeit einer "integrierten Umwelt- und Gesundheits-Verträglichkeitsprüfung von Verkehrsprojekten" betonte Prof. Dr. Peter Lercher, Institut für Hygiene und Sozialmedizin der Univ. Innsbruck, der sich nach seinem Vortrag der ÄRZTE WOCHE für ein Gespräch zu verschiedenen umweltmedizinischen Themen zur Verfügung stellte.

Folgen des Verkehrs "Die quantifizierbaren negativen Gesundheitsfolgen des Kfz-Verkehrs - Tote und Verletzte durch Verkehrsunfälle, Atemwegs- und Kreislauferkrankungen durch die Kfz-Abgase, Lärmauswirkungen - stellen nur die Spitze des Eisbergs dar", sagte Lercher.

Daneben sei unter anderem auch an folgende Auswirkungen zu denken: Bewegungsmangel durch den sitzenden, autoabhängigen Lebensstil, Verlust unabhängiger Mobilität bei Kindern und älteren Menschen, Streß für Verkehrsteilnehmer, Verlust von Grünflachen durch Straßenbau und Parkplätze.

Lercher: "Im stark vom Transitverkehr belasteten Wipptal kommt es vor, daß Schwangere und Schwerkranke wegen verstopfter Straßen per Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht werden müssen und daß Bewohner ihre Freunde und Bekannten in Nachbarorten nicht mehr besuchen können. Ich denke, hier sind Grenzen erreicht und überschritten." Hinzu komme, daß in den engen Alpentälern Lärm als besonders belästigend empfunden werde. "Wir haben hier deutliche Abweichungen von Stan-dard-Dosis-Wirkungskurven gefunden . Es gibt also nicht nur lärmempfindliche Personen, sondern auch lärmempfindliche Gegenden", erklärte der Experte.

"Der Anteil der europäischen Bevölkerung, die gesundheitsgefährdendem Lärm von mehr als 65 Dezibel ausgesetzt ist, hat in den letzten zehn Jahren von 15 auf 25 Prozent zugenommen", so Lercher. Damit sei die Utopie einer rein technischen Lösung der Verkehrsproblematik in sich zusammengebrochen. Er sprach sich für mehr Kostenwahrheit im Verkehr, verstärkte Nutzung der Schiene (unter Einsatz entsprechender Lärmminderungstechniken) sowie die Durchführung sog. Strategischer Umwelt- und Gesundheits - Verträglichkeitsprüfungen für Verkehrswegepläne und andere Vorhaben mit Einfluß auf die Raumordnung aus.

Was die umweltmedizinische Forschung in Österreich betrifft, sieht Lercher etwa das Problem, daß es bis vor kurzem kaum Geld für Expositionsmessungen gab: "Ohne Wissen über die Belastung der Bevölkerung kann man aber keine Studien über den Zusammenhang von Umwelt und Gesundheit machen." Ein typisches Beispiel dafür sei, daß es jahrelang nicht möglich war, in Österreich Untersuchungen über die Auswirkungen von Feinstaub (PM10) durchzuführen, da dieser nicht gemessen wurde und der Forschungsfonds auch keine Messungen finanzierte.

Zuwenig Kooperation Lercher: "Sehr wichtig ist in der Umweltmedizin die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Leider gibt es in Österreich zu wenig systematische Kooperation zwischen Medizinern, Technikern, Sozialwissenschaftern und Psychologen." Generell bedeute Arbeit im umweltmedizinischen Bereich, von den vielen verschiedenen Themen "aufgefressen" zu werden, so Lercher. Er könne daher jungen Kollegen nur bedingt empfehlen, eine Karriere in diese Richtung anzustreben.

Der Tagungsband "Medizin und Umwelt in Österreich" (mit allen 12 Vorträgen) ist um öS 70,- (inkl. Porto) bei den "Ärzten für eine gesunde Umwelt" erhältlich. Tel. & Fax 0512/56 68 90.

© medizin.at / ÄRZTEWOCHE

 

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