Einen Überblick über moderne neurochirurgische Möglichkeiten zur Behandlung von Schmerzen gab Prof. Dr. F. Alesch, AKH Wien, Abteilung für Neurochirurgie, auf der diesjährigen 25. wissenschaftlichen Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie und Psychiatrie in Gmunden Ende April.
Alesch: "Der Neurochirurg ist in der Behandlung von chronischen Schmerzen immer dann gefordert, wenn konservative Maßnahmen keinen ausreichenden therapeutischen Erfolg bringen." Lange Zeit beschränkten sich die neurochirurgischen Möglichkeiten auf die Durchtrennung schmerzleitender Strukturen wie Nerven, Nervenwurzel und Rückenmark oder Ausschaltungen im Bereich des Mittelhirns und des Thalamus. "Diese Maßnahmen", so Alesch, "hätten zwar auch heute noch gewisse Indikationsbereiche, jedoch wurden diese im Laufe der vergangenen Jahre erheblich reduziert. Grund hierfür sind bessere Kenntnisse in der Pathophysiologie des Schmerzes einerseits und andererseits die enormen Fortschritte auf dem Gebiet der Mikroelektronik, Mikrohydraulik und Implantationstechnik."
Heute dominiert eine differenzierte und selektive Form der neurochirurgischen Schmerzbehandlung. Alesch: "Die wichtigsten Vertreter dieser modernen Therapieformen sind die Neurostimulation und die Implantation von Medikamentenpumpen. Die Wahl der Methode hängt dabei von der Natur des chronischen Schmerzes ab."
Bei neuropathischen Schmerzen sei die Neurostimulation zu bevorzugen, welche sowohl spinal als auch zerebral erfolgen könne. "Das Prinzip ist im wesentlichen von der Lokalisation des Eingriffs unabhängig - zunächst erfolgt die Implantation einer Stimulationselektrode unter Lokalanästhesie. Zerebral wird hierzu zusätzlich ein stereotaktisches System benötigt. Die implantierte Elektrode wird zunächst nach außen geleitet und, nach einer erfolgreichen Testphase, an einen Impulsgenerator angeschlossen, der dann ebenfalls implantiert wird."
Bei nozizeptiven Schmerzen empfiehlt der Experte die Implantation einer Medikamentenpumpe. Diese wird unter dem Rippenbogen eingebracht, und über einen subkutanen Katheter wird das Medikament dann nach spinal, intrathekal oder intraventrikulär gebracht.
Alesch: "Dies ermöglicht sowohl die chronische Applikation von Opiaten als auch anderer Pharmaka wie zum Beispiel Clonidin." Alesch ergänzend: "Die Nachfüllung der Pumpen erfolgt perkutan. Bei Motorpumpen ist außerdem eine telemetrische Einstellung der Förderparameter möglich." All diese Methoden seien im Gegensatz zu den klassischen neurochirurgischen Verfahren reversibel und könnten jederzeit an die Bedürfnisse des Patienten angepaßt werden. "Die moderne neurochirurgische Schmerzbehandlung ist", so Alesch, "nicht mehr als eine ultima ratio zu sehen, sondern als Teil eines immer interdisziplinär zu führenden schmerztherapeutischen Gesamtkonzeptes."
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