Die Deutsche Gesellschaft für Senologie (DGS) hat einen Konsensus zur qualitätsgesicherten Anwendung der so genannten Sentinel-Node-Biopsie (SNB) in der klinischen Routine verabschiedet. Ärzte können mit dieser "Wächterlymphknotenbiopsie" vermeiden, Frauen bei Brustkrebsoperationen zu viele Achsellymphknoten zu entfernen.
Dies verhindert, dass sich nach der
Operation in Arm und Brust die Lymphflüssigkeit staut und verbessert damit
die Lebensqualität der Frau. "Weltweit gewinnt diese Methode zunehmend an
Bedeutung. Für die erkrankten Frauen hat sie einen Stellenwert der
vergleichbar ist mit der Einführung der brusterhaltenden Therapie (BET) vor
20 Jahren", betont Professor Dr. Wallwiener, Vorsitzender der DGS.
Die Lymphflüssigkeit eines Tumors fließt zuerst in den so genannten
Wächterlymphknoten. Hat der Tumor bereits gestreut, erreichen die
Krebszellen mit der Lymphe den "Wächter" als erstes. Er ist damit der
sicherste Beweis für eine Metastasierung. Über ihn streuen die Krebszellen
weiter in das sich verzweigende Lymphsystem.
Die SNB ermöglicht es, bereits
während einer Brustkrebsoperation festzustellen, ob der Krebs gestreut hat.
Dafür entnimmt der Arzt den Wächterlymphknoten und lässt ihn im Labor
untersuchen. Ist dieser frei von Krebszellen, ist auch das umliegende
Lymphgewebe gesund. Der Arzt entfernt den Tumor, belässt jedoch die übrigen
Lymphknoten in der Achselhöhle.
Unter Leitung von PD Dr. Thorsten Kühn von der Frauenklinik am
Kreiskrankenhaus Gifhorn erstellte eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe der
DGS in den vergangenen Monaten den SNB-Konsens. Experten aus Gynäkologie,
Chirurgie, Pathologie, Nuklearmedizin, Onkologie und Radioonkologie legten
die Kriterien fest, unter denen die SNB zukünftig qualitätsgesichert
durchführbar ist.
Dazu gehören beispielsweise die Definition des
Wächterlymphknotens und die Frage, bei welchen Patientinnen eine SNB
sinnvoll ist. Generell gilt: eine Wächterlymphknotenbiopsie ist möglich,
wenn das Karzinom nicht größer als zwei Zentimeter ist und in der
Achselhöhle keine Lymphknoten tastbar sind. Dabei spielt es keine Rolle, wie
alt die Patientin ist und wie der Tumor liegt.
Der Konsens beschreibt die Anforderungen, die eine Klinik erfüllen muss, um
die SNB in der eingeforderten Qualität durchführen zu können. Dies betrifft
zum Beispiel die Ausbildung der Ärzte und die medizinisch-technische
Ausrüstung. Das Papier enthält auch Informationen über die Aufklärung der
Patientinnen: Den Frauen ist vor dem Eingriff mitzuteilen, dass die
SNB-Technik noch neu und nicht abschließend bewertet ist.
Außerdem sollte
der Arzt jeder Patientin die herkömmliche Entnahme der Achsellymphknoten
alternativ anbieten. Für die Nachsorge empfiehlt das Konsensuspapier, die
aktuell geltenden Leitlinien für das Mammakarzinom anzuwenden. Die DGS wird
zukünftig interessierten Operateuren die Möglichkeit bieten, die Methode im
Rahmen von Trainingskursen zu erlernen.
Bislang gab es keine einheitlich definierte Indikation für die SNB. Ebenso
fehlten Standards zur Untersuchung des Materials im Labor. Deshalb strebt
die Deutsche Gesellschaft für Senologie an, die SNB kontrolliert in die
klinische Routine einzuführen. Da die SNB noch Gegenstand der Forschung ist,
ergeben sich immer wieder neue Behandlungswege. Daher unterliegt auch dieser
Konsens regelmäßigen Erneuerungen. Auf der Homepage der DGS, unter der
Adresse www.senologie.org, ist der Konsens und eine Stellungnahme der DGS
einsehbar.
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