Noch nie da gewesene Virensuppressionsraten bieten neue Hoffnung für die Langzeitpflege von Patienten mit chronischer Hepatitis B: Die von Dr. Lai Ching-Lung, Professor für Medizin an der medizinischen Fakultät der Hongkonger Universität auf der 54. Jahrestagung der American Association for the Study of Liver Diseases (AASLD) vorgelegten Daten zeigen auf, dass mit dem Forschungsmedikament Telbivudin (L-Deoxythymidin oder LdT) verglichen mit einer Monotherapie mit Lamivudin - dem derzeitigen Pflegestandard - eine wesentlich bessere Suppression des Hepatitis B-Virus (HBV) sowie eine Normalisierung des ALT-Wertes (einem Parameter zur Messung von Lebererkrankungen) erreicht wird.
In einem internationalen, nach dem Zufallsprinzip durchgeführten klinischen Doppelblindversuch der Phase IIb wurden die Auswirkungen auf die Gesundheit und die antivirale Effektivität von Telbivudin allein oder in Verbindung mit Lamivudin mit einer Lamivudin-Monotherapie bei Patienten mit chronischer Hepatitis B verglichen. Diejenigen Patienten, die Telbivudin einnahmen, wiesen nach einer einjährigen Behandlung eine schnelle und bemerkenswerte Abnahme der Hepatitis B-Viren in ihrem Blutserum auf.
"Wir alle fühlen uns angesichts dieser Ergebnisse beflügelt. Unsere Patienten reagieren äußerst gut auf Telbivudin, und bislang wurden keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit festgestellt", erklärte Dr. Lai, Professor für Medizin an der Hongkonger Universität und Forschungsleiter der Telbivudin-Studie. "In Bezug auf Hepatitis B gibt es einen großen, nicht gedeckten Bedarf an Medikamenten unter Anbetracht der derzeitigen Behandlungsoptionen und der äußerst hohen Prävalenzraten in ganz Asien. Darüber hinaus gibt Telbivudin den Patienten wieder neue Hoffnung."
Ergebnisse der Studie
Nach einem Behandlungszeitraum von einem Jahr waren die antivirale Aktivität und die ALT-Normalisierung bei der Telbivudin-Monotherapie im Vergleich mit der Lamivudin-Monotherapie deutlich höher. Bei Patienten, die eine Behandlung mit Telbivudin erhielten, wurde eine durchschnittliche Senkung der Viruslast (Serum HBV DNA) um ein Millionenfaches (6 log10) erreicht. Die durchschnittlichen Senkungen betrugen für die drei Behandlungsarten: 6,01 log10 bei der Telbivudin-Monotherapie, 5,99 log10 bei der Telbivudin/Lamivudin-Kombination und 4,57 bei der Behandlung ausschließlich mit Lamivudin (p<0,05 im Vergleich der Telbivudin-Monotherapie mit der Lamivudin-Monotherapie).
Bei der Mehrheit der mit Telbivudin behandelten Patienten wurde schnell und nachhaltig eine Normalisierung des ALT-Werts im Serum erreicht, was zu einer Abnahme der zugrunde liegenden Leberentzündung durch Hepatitis B-Viren führt. Von den Patienten, die eine Telbivudin-Monotherapie erhielten, erreichten 86 % eine Normalisierung des ALT-Werts verglichen mit 63 % der mit einer Lamivudin-Monotherapie behandelten Patienten (p<0,05 im Vergleich der Telbivudin-Monotherapie mit der Lamivudin-Monotherapie).
Die Virenbelastung im Patientenserum konnte in den hochempfindlichen PCR-Proben bei 61 % der mit Telbivudin behandelten Patienten, bei 49 % der mit Telbivudin und Lamivudin behandelten Patienten und bei 32 % der mit einer Lamivudin-Monotherapie behandelten Patienten nicht nachgewiesen werden (p<0,05 im Vergleich der Telbivudin-Monotherapie mit der Lamivudin-Monotherapie).
Unter allen Patienten, die an der Studie teilnahmen, erfuhren diejenigen, die die höchste Senkung der Viruslast in einem frühen Behandlungsstadium erreichten, die bedeutendsten Verbesserungen hinsichtlich der klinischen Effizienz nach einem Behandlungszeitraum von einem Jahr.
Auswirkungen auf die Gesundheit
Während des einjährigen Behandlungszeitraums wurde in keiner der fünf Behandlungsarten Gesundheitsprobleme festgestellt. Es gab weder ernsthafte medikamentenbedingte Vorkommnisse noch Muster dosis- oder behandlungsabhängiger klinischer Nebenwirkungen bzw. Laborunregelmäßigkeiten.
Durchführung des Versuchs
Der internationale Phase IIb-Versuch wurde an 16 Standorten in Hongkong, Singapur, Frankreich, Kanada und den USA durchgeführt. An der Studie nahmen 104 Erwachsene teil, die an einer chronischen Infektion mit Hepatitis B-Viren litten. Das gesamte Durchschnittsalter der am Versuch teilnehmenden Patienten lag bei 37 Jahren mit einem Altersspektrum von 18-68 Jahren.
Die Patienten, die sich für die Studie qualifizierten, wurden nach dem Zufallsprinzip in eine der fünf nachstehenden Oralbehandlungsgruppen (Einnahme einmal täglich) eingeteilt, wobei sich der Behandlungszeitraum für jede Gruppe auf ein Jahr erstreckte: 400 mg Telbivudin, 600 mg Telbivudin, 400 mg Telbivudin+ 100 mg Lamivudin, 600 mg Telbivudin + 100 mg Lamivudin oder Standardtherapie mit Lamivudin (100 mg pro Tag). Zu Beginn hatten die Patienten eine mittlere Viruslast (HBV DNA-Niveau) von 9,28 log10 im Blutserum. Die Ausgangsmerkmale für alle Behandlungsgruppen waren für demografische und krankheitsbezogene Zwecke repräsentativ.
Informationen zur chronischen Hepatitis B
Hepatitis B ist eine weit verbreitete, gefährliche Infektionskrankheit, die über den Kontakt mit Körperflüssigkeiten einer infizierten Person übertragen wird. In den meisten Fällen wird sie während der Geburt von der Mutter auf das Kind übertragen, insbesondere in Regionen mit hoher Prävalenz. Nach der Erstinfektion mit dem Hepatitis B-Virus entwickelt sich eine chronische Infektion, wenn der Körper den Virus nicht bekämpfen kann. In diesem Fall besteht das Risiko für die infizierte Person, eine Zirrhose oder Leberkrebs zu entwickeln.
Zu den häufigsten Symptomen einer Hepatitis B-Infektion zählen Appetitverlust, Übelkeit und Erbrechen, Fieber, wochen- oder monatelange Schwäche oder Müdigkeit, Bauchschmerzen in der Leberregion oberhalb des rechten Quadranten, dunkler Urin und heller Stuhl, Gelenkschmerzen sowie gelbliche Haut und Augen (Gelbsucht). Schätzungsweise 40 % der mit Hepatitis B infizierten Personen zeigen keinerlei erkennbare Anzeichen oder Symptome und wissen nicht, auf welche Weise oder an welchem Ort sie sich infiziert haben. Ein Bluttest ist die einzige Möglichkeit, Hepatitis B-Viren eindeutig nachzuweisen.
Prävalenz von Hepatitis B
Hepatitis B zählt zu den gefährlichsten Infektionskrankheiten der Welt und steht als Todesursache an neunter Stelle. Rund 350 Millionen Menschen weltweit bzw. 5 % der gesamten Weltbevölkerung leiden an einer chronischen Hepatitis B-Infektion. Nach den Schätzungen für dieses Jahr werden sich 10-30 Millionen Menschen mit Hepatitis B infizieren und eine Million Menschen werden an einer durch Hepatitis B-Viren verursachten chronischen Lebererkrankung sterben.
Die Prävalenz von Hepatitis B variiert je nach der geografischen Region. In China, Südostasien und Afrika liegt die Inzidenzrate vergleichsweise hoch, während Westeuropa, Nordamerika und Australien nur in geringem Maße betroffen sind. Obgleich Impfprgramme gegen Hepatitis B inzwischen auf einer breiteren Basis durchgeführt worden sind, sind in Asien und vielen Entwicklungsländern mehr als 80 % der Bevölkerung dem Hepatitis B-Virus ausgesetzt. Unter solchen Bedingungen haben Impfungen keine große Wirkung mehr. Es wird geschätzt, dass zwei Drittel der Bevölkerung Chinas, die derzeit rund 1,26 Milliarden Menschen umfasst, mit dem Hepatitis B-Virus infiziert sind. Jeder Zehnte entwickelt in China eine chronische Infektion und man schätzt, dass jedes Jahr 280.000 Chinesen der Hepatitis B-Infektion erliegen.
Informationen über Telbivudin
Bei Telbivudin handelt es sich um einen Wirkstoff, der einmal täglich oral eingenommen wird. Derzeit wird er im Rahmen einer klinischen Studie der Phase III für die Behandlung von an chronischer Hepatitis B erkrankten Patienten getestet. Telbivudin ist die generische Bezeichnung für L-Deoxythymidin (LdT). Der Wirkstoff ist hochselektiv für Hepatitis B-Infektionen und zeigt praktisch keinerlei Wirkung gegen andere Viren oder infektiöse Krankheitserreger. Darüber hinaus bietet er ein außergewöhnlich reines vorklinisches Gesundheitsprofil.
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