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Siegeszug einer verdrängten Diagnose?

07.10.1999

Während die großen Killer der westlichen Welt - Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen - zurecht einen hohen Stellenwert im Bewußtsein der Bevölkerung einnehmen, fristet die Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung (COPD) auch bei Ärzten nach wie vor ein diagnostisches Schattendasein. Dabei ist sie nach Angaben der WHO mit etwa 600 Mill. Erkrankten und 3 Mill. Toten jährlich weltweit die fünfthäufigste Ursache für Morbidität und Mortalität - Tendenz steigend. Anfang Juni dieses Jahres traf sich deshalb in Gorizia, Friaul, eine Runde hochkarätiger österreichischer Pulmologen, um Strategien gegen die noch immer bestehende diagnostische Unsicherheit sowie die daraus resultierende Untertherapie zu entwickeln.

*Späte Erstdiagnose

Prof. Peter Calverley, Univ.-Klin.,Fazakerley Hospital, Liverpool, U.K., gab dabei einen Überblick über derzeit geltende Richtlinien und den Stand der Forschung in Diagnostik und Behandlung der COPD: "Während wir in der vergangenen Jahrzehnten durchaus befriedigende Fortschritte im Management von Patienten mit Asthma bronchiale erzielt haben, ist uns dies bei der Chronisch Obstruktiven Lungenerkrankung keineswegs gelungen", betonte Calverley. Immer noch würde die Erstdiagnose häufig dann gestellt werden, wenn der Betroffene als Notfall in ein Hospital eingeliefert wird - ein Umstand der nicht zuletzt die Gesundheitsbudgets belastet. "In Großbritannien ist die COPD für wesentlich mehr Hospitalisierungen verantwortlich als Asthma, zudem bleiben die zumeist älteren COPD-Pa- tienten wesentlich länger stationär", so der Experte.

Erster Schritt auf den Weg zu einer rascheren diagnostischen Erfassung ist ohne Zweifel eine allgemein gültige Definition. Calverley: "Bei der COPD handelt es sich um eine chronisch progrediente Verschlechterung der Lungenfunktion durch Obstruktion der Atemwege, charakterisiert durch eine Abnahme des FEV1 sowie des FEV1/FVC-Quotienten. Diese funktionelle Beeinträchtigung verändert sich nicht signifikant über mehrere Monate und ist medikamentös nur in einem geringen Ausmaß reversibel". Jenseits dieser physiologischen Definition der Erkrankung sieht der Kliniker vor allem im Einsatz des Spiral-CT nicht zuletzt in Hinblick auf die Differentialdiagnose zwischen COPD und Asthma bronchiale einen zukünftigen Schwerpunkt. Schlüssel zur Unterscheidung dieser beiden chronischen Lungenerkrankungen ist derzeit der sogenannte Reversibilitäts-Test.

Mittels Spirometrie wird dabei das FEV1 vor und nach Einsatz eines inhalativen Bronchodilatators gemessen. Ein Anstieg des FEV1 um mehr als 200 ml bzw. mehr als 15 Prozent vom Ausgangswert gilt als Befund einer medikamentös reversiblen Obstruktion. "Wichtig ist die absolute Besserung des Flußvolumens", betonte Calverley. Prozente seien unzuverlässig, da sie in Zusammenhang mit dem Ausgangswert stünden. Ein Anstieg des FEV1 um mehr als 500 ml ist, so Calverley, ein möglicher Hinweis auf Asthma, diese Patienten sollten in jedem Fall wie Asthmatiker behandelt werden.

*Steroide wirksam

Daß der Einsatz von Kortikosteroiden zur antientzündlichen Dauertherapie jedoch keineswegs eine Domäne der Asthmatherapie sein sollte, zeigen die Ergebnisse kürzlich veröffentlichter Studien. So untersuchte etwa Prof. Dr. P. Paggiaro, Abt. für Respiratorische Pathophysiologie, Univ. Pisa, Italien, mit seinen Mitarbeitern den Effekt von inhalativem Fluticasonpropionat (Flixotide) auf Lungenfunktion und Symptomatik bei COPD-Patienten. Insgesamt 281 Raucher bzw. Ex-Raucher erhielten in einem randomisierten Verfahren entweder 500 mcg Fluticasonpropionat täglich oder Plazebo. Am Ende des Untersuchungszeitraumes von sechs Monaten zeigte sich in der Verum-Gruppe eine signifikante, bleibende Verbesserung der durchschnittlichen morgendlichen PEF-und FEV1-Werte sowie eine Verminderung von Husten und Auswurf. "Die Spirometrie ist eine ausgezeichnete, billige und breit zugängliche Methode zur Qualitätskontrolle", meinte Calverley. Allerdings korreliere das Ergebnis des Lungenfunktionstests nicht ausreichend mit der klinischen Symptomatik. Aussagekräftiger und zugleich Compliance-Motivation für die Patienten sei vielmehr die Beurteilung der bis zur Dyspnoe bewältigbaren Gehstrecke.

*Raucherentwöhnung

"80 bis 90 Prozent der COPD-Fälle werden durch Rauchen verursacht. Damit therapeutische Maßnahmen tatsächlich greifen, müssen die Patienten zunächst ihr Rauchverhalten ändern bzw. mit dem Rauchen aufhören", so Calverley weiter. Erst wenn der Patient diesbezüglich ausreichend kooperiere, könnten durch Betamimetika oder Anticholinergika entsprechende Erfolge erzielt werden. Vor allem Patienten mit leichter bis mittelschwerer COPD profitieren gerade im niedergelassenen Bereich vom Einsatz eines langwirksamen, inhalativen Beta2-Agonisten, wie Salmeterol (Serevent), so der Experte weiter. Dies habe sich unter anderem in einer Studie von Boyd und Mitarbeitern mit 674 COPD-Patienten, deren FEV1 im Durchschnitt bei 45 Prozent des Sollwertes lag, gezeigt. Neben einem deutlichen Anstieg des FEV1 kam es unter Behandlung mit 50 mcg Salmeterol zu einer Verminderung der Tages und Nacht-Symptomatik, sowie zu einer Verlängerung der Dyspnoe-freien Gehstrecke. "Man kann jedenfalls auf die Ergebnisse einer europäischen Multizenterstudie gespannt sein, die derzeit den Benefit einer kombinierten Gabe von Salmeterol und Fluticasonpropionat auf die Exazerbationsrate bei COPD-Patienten untersucht", meinte Calverley.

© medizin.at / ÄRZTEWOCHE

 

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