Die überaktive Blase ist im Wesentlichen durch drei Symptome gekennzeichnet: Die Betroffenen müssen sehr oft auf die Toilette gehen (mehr als acht Mal pro Tag und häufig auch nachts), leiden an plötzlichem und nicht unterdrückbarem Harndrang und/oder verlieren ungewollt Harn.
In Österreich sind jede 4. Frau und jeder 10. Mann davon betroffen. Wichtig ist der möglichst frühzeitige Arztbesuch, um nach der Diagnose die erfolgreiche Behandlung beginnen zu können. Eine Verbesserung der Symptome bedeutet für die meisten Betroffenen die Rückkehr in ein normales Gesellschafts- und Berufsleben bzw. zumindest wesentliche Erleichterungen in der persönlichen Lebensführung.
Auf dem Kongress der „International Continence Society, ICS“ in Heidelberg wurden die Ergebnisse einer Umfrage des Marktforschungsinstituts IPSOS von mehr als 3.000 Patienten und Angehörigen über 35 Jahren in fünf europäischen Ländern vorgestellt. 39% der Betroffenen oder Angehörigen stellen als Folge der überaktiven Blase eine Verschlechterung ihres Beziehungslebens fest. Ein Viertel gab zu, daß das eigene Blasenleiden oder jenes des Partners bereits zu Problemen in intimen Momenten geführt hatte.
"Die überaktive Blase hat außerordentliche Folgen für Intimität und Beziehungsleben", bestätigt Prof. Beverly Whipple von der Rutgers University, New Jersey, USA und Vizepräsidentin der Weltgesellschaft für Sexologie. "Wir müssen das Tabu brechen, darüber sprechen, um die Menschen dazu zu bringen, deswegen nicht ihre sozialen und sexuellen Beziehungen abzubrechen."
Auch das zeigte die Umfrage: Etwa jeder fünfte Europäer kennt in seinem persönlichen Umfeld jemanden, der an überaktiver Blase leidet - oder leidet selbst daran. "Aus vielen Jahren Forschung rund um diese Erkrankung wissen wir, daß dieses Blasenleiden die Lebensqualität der Patienten gravierend beeinträchtigt", bestätigt Dr. Stefan Schuhmacher, Urologe an der Klinik und Poliklinik für Urologie in Bonn. "Zu viele Patienten erkennen die Symptome der Krankheit nicht richtig und gehen erst gar nicht zum Arzt. Daher wissen sie nicht, dass es dafür gezielte Behandlungsmöglichkeiten gibt."
Unter jenen, die nachts 2-3 Mal aufstehen müssen, um ihre Blase zu entleeren, leiden viele am nächsten Tag unter Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Produktivitätsverlust und sind zu müde, um am nächsten Abend auszugehen. 54% der Befragten gaben an, an einer oder mehreren dieser Folgeerscheinungen der überaktiven Blase zu leiden.
Über die überaktive Blase existieren viele Mythen: Nahezu die Hälfte (44%) war fälschlicher Weise der Meinung, dass die überaktive Blase ein natürlicher Teil des Alterungsprozesses sei. 25% meinten, dass nur ältere Menschen darunter leiden würden. 16% meinten ebenso inkorrekt, dass dagegen keine wirksame medizinische Behandlung existiere.
Die Frage, ob sie dann mit einem Arzt über ihr Problem sprechen würden, wennsie wüssten, dass es eine wirksame Therapie gäbe, beantworteten ein überwältigender Anteil von 84% der Betroffenen positiv.
Auf dem Kongress wurde auch eine Studie vorgestellt, die belegt daß 84% der mit einem neuen Präparat Behandelten schon in der ersten Therapiewoche eine positive Wirkung spürten. Die Verbesserung steigerte sich kontinuierlich bis zur 4. Behandlungswoche, bei manchen sogar über den gesamten Untersuchungszeitraum von 12 Wochen.
Die Studie mit dem Namen STAT (Speed of Onset Therapeutic Assessment Trial) untersuchte, wie rasch 1.147 PatientInnen mit der retardierten Form des Wirkstoffs Tolterodin in einer Dosis von 4mg 1x täglich geholfen werden konnte. Die Wirksamkeit wurde aus Sicht des Patienten sowie des Arztes nach ein-, vier- und zwölfwöchiger Behandlung untersucht. Die Patienten hielten dabei den Therapiefortschritt in Blasenentleerungs-Tagebüchern, die behandelnden Ärzte in Fragebögen fest.
"An überaktiver Blase und ihren unangenehmen Folgen leiden weltweit rund 50 Millionen Menschen", sagt Dr. Christopher Chapple, Urologe am Department of Urology, Royal Hallemshire Hospital, UK. Darunter sind auch etwa 800.000 ÖsterreicherInnen. "Die STAT-Studie bringt wertvolle Aufschlüsse darüber, wie das neue Medikament aus Sicht von Betroffenen und ihren behandelnden Ärzten wirkt, wie rasch diese Wirkung einsetzt und welche unerwünschte Wirkungen auftreten können." Als häufigste Nebenwirkung (15,5%) wurde über Mundtrockenheit berichtet, die meist als leicht bezeichnet wurde.
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