Ein neues Antidepressivum setzt Meilensteine: Erstmals ist es gelungen, den chemisch aktiven Anteil eines bewährten Psychopharmakons selektiv zu nutzen.
Escitalopram1 wirkt daher bereits in niedriger Dosierung besonders schnell und gut, Nebenwirkungen und Interaktionen mit anderen Arzneimitteln sind selten.
Was sind Enantiomere?
Vereinfacht ausgedrückt, Bild und chemisches Spiegelbild. Wie unsere Hände sind Enantiomere scheinbar gleich, können aber nicht zur Deckung gebracht werden. Manchmal ist die eine „Hand“ des Enantiomers wirkungslos, manchmal ergibt jede „Hand“ für sich einen Sinn. Ein paar Beispiele aus unserem täglichen Leben sollen das Phänomen der linksdrehenden (S-) und rechtsdrehenden (R-) Enantiomere veranschaulichen:
R-Carvon schmeckt nach Minze, S-Carvon nach Kümmel. S-Limonen riecht nach Terpentin, R-Limonen nach Orange, und die Kombination beider Enantiomere (R S-Limonen) ergibt einen Zitronenduft. Der Innsbrucker Pharmakologe Univ.-Prof. Dr. Gerald Zernig weiß: „Ein kleiner Unterschied in der Molekülstruktur kann zu dramatischen Veränderungen in der Wirkung führen.“
Auch in der Medizin und vor allem in der Pharmakologie gibt es solche chemischen Besonderheiten: Das wirksame Enantiomer, ein Eutomer, bindet an den Zielrezeptor und vermittelt den gewünschten Effekt. Sein Spiegelbild (Distomer) kann nicht ausreichend binden und entfaltet somit keine Wirkung oder ist sogar für Nebenwirkungen verantwortlich. Allerdings ist es verfahrenstechnisch nicht so einfach, im industriellen Maßstab Enantiomere zu trennen.
Nun ist es gelungen, mit Hilfe einer speziellen Technologie ein hochwirksames und modernes Antidepressivum zu entwickeln. Escitalopram basiert auf einer bewährten Substanz, Citalopram, einem seit Jahren erfolgreich verordneten selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) mit der größten Selektivität seiner Substanzklasse für den Serotonin-Transporter. Die Hemmung des Transporter-Systems erfolgt jedoch ausschließlich über das Eutomer Escitalopram (S-Citalopram), das nun erstmals isoliert als Arzneimittel zur Verfügung steht.
Escitalopram, das aktive Enantiomer von Citalopram, ist bereits in halber Dosierung gleich gut wirksam wie Citalopram. Prof. Zernig über die Vorteile: „Eine niedrige Dosierung bedeutet gleichzeitig auch eine erhöhte Sicherheit. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen sowie Interaktionen mit anderen Medikamenten werden viel weniger wahrscheinlich.“
Die Standarddosierung von Escitalopram beträgt 10mg, bei therapieresistenten Patienten kann die Dosierung auf 20mg gesteigert werden. In Studien zeigte sich das rasche Ansprechen auf eine Therapie mit Escitalopram; bereits acht Wochen nach Therapiebeginn mit dem neuen Medikament sind knapp die Hälfte aller Patienten symptomfrei, nach einjähriger Therapie sogar 86%!
Escitalopram ist ein modernes, hochwirksames Antidepressivum, eine Weiterentwicklung einer sicheren und langbewährten Substanz. Das neue Medikament zeichnet sich durch seine herausragende Selektivität für den Serotonin-Transporter aus. Daraus ergeben sich eine ausgezeichnete und schnell einsetzende Wirkung bei niedriger Dosierung, was wiederum Sicherheit und Verträglichkeit des Medikamentes deutlich verbessert.
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