Peptische Ulzera sind bei Kindern selten, vor allem, wenn sie keine Begleiterkrankung haben. Bei einer peranalen hellroten Blutung als einzigem Symptom ist die Differentialdiagnostik sehr schwierig und langwierig, da schnelle Transitzeiten im Darm eine Blutungsquelle im Dünn- oder Dickdarm vortäuschen können. Daher sollte bei Kindern mit einer solchen Blutung, selbst wenn sie keine Oberbauchbeschwerden haben, eine Blutungsquelle im oberen Magen-Darm-Trakt miterwogen werden, wie das Beispiel eines kleinen Buben zeigt (Klin. Pädiatr. 210, 1998, 89).
Der Fall: Der Fünfjährige hatte plötzlich morgens eine starke peranale hellrote Blutung ohne vorherige Prodromalerscheinungen. Es kollabierte und kam in die Klinik, wo sich der Kreislauf unter Infusionstherapie stabilisierte, der anämische Zustand sich aber weiter verschlechterte. Die Verdachtsdiagnose lautete blutendes Meckel´sches Divertikel, eine häufige Ursache anorektaler Blutungen bei Kindern.
Der Hb-Wert von 5,1 mmol pro Liter war auf 3,7 gesunken, der Hämatokrit von 0,24 auf 0,17, so daß der Blutverlust substituiert werden mußte. Die Erythrozytenszintigraphie ergab eine deutliche Mehrspeicherung der markierten Erythrozyten im Bereich des rechten Mittel- bis Unterbauchs. Die Laparotomie ergab ein mit Blutkoagel gefülltes Kolon. Ein Meckel´sches Divertikel war nicht zu finden, und im Dünndarm war kein Blut, so daß die Blutungsquelle im Kolon vermutet wurde. Dies ließ sich aber koloskopisch nicht bestätigen. Bei einem erneuten Hb-Abfall und peranaler Blutung wurde nach der zweiten ergebnislosen Koloskopie eine Gastroskopie vorgenommen, mit der ein tiefes Ulkus mit Fibrinbelag und Blutkoagel im Bulbus duodeni festgestellt wurde. Das Ulkus wurde mit 0,2 ml Adrenalin-Lösung, 1:20.000 verdünnt, und mit 2 ml Fibrin unterspritzt, wobei keine erneute Blutung ausgelöst wurde. Anschließend wurde das Kind mit dem H2-Blocker Ranitidin (3x25 mg) i.v., behandelt.
Hb-Wert und Kreislauf blieben stabil. Eine Kontrollgastroskopie ergab keine weitere Blutung. Bei der Kontrolle nach zehn Tagen war der Heilungsprozeß erkennbar und das Ulkus nur noch viertel so groß wie anfangs. Helicobacter-Besiedlung und hormonbildende Tumoren, die an der Pathogenese des peptischen Ulkus beteiligt sein können, wurden ausgeschlossen. Der Bub wurde 14. Tag nach Op entlassen. Unter einer Therapie mit 3x25 mg Ranitidin pro Tag heilte das Ulkus komplett aus.
Zu den häufigsten Ursachen eines peptischen Ulkus im Kindesalter gehören unter anderen Polytrauma, Verbrennung, Kortikoid-Therapie sowie Grunderkrankungen wie Asthma bronchiale oder hormonbildende Tumoren. Die primäre Erkrankung ist meist mit einer Infektion durch H. pylori verbunden. In diesem Fall war keine organische Ursache festzustellen. Gegen Ende der stationären Behandlung stellte sich heraus, daß das introvertierte Kind psychisch stark belastet war, weil es täglich von sechs bis 17 Uhr gegen seinen Willen eine Kindertagesstätte besuchen mußte.
Zwar würden psychosomatische Aspekte in der Ulkusätiologie noch immer kontrovers diskutiert, berichten Dr. Sigurd Hanke et al., Univ.-Klinik Dresden. Sie halten es aber gerade beim Ulcus duodeni für wichtig, psychosomatische und psychosoziale Hintergründe einzubeziehen, wenn keine organische Ursache zu finden ist. Dafür spricht, daß der Bub, der nun zu Hause betreut wird, ohne Ranitidin-Dauerprophylaxe auch nach über 16 Monaten rezidivfrei ist.
Peptische Ulzera müssen bei Kindern auch ohne Begleiterkrankungen in die Differentialdiagnose diffuser Bauchschmerzen und gastrointestinaler Blutungen einbezogen werden, so Hanken. Auch bei alleiniger peranaler Blutung mit hellem Blut sei eine obere Gastrointestinalblutung abzuklären. Dazu reicht meist eine Magensonde, die dann meist Blutspuren fördert. Die Ergebnisse können aber falsch negativ sein, wie in diesem Fall trotz heftiger Blutungen aus dem Bulbus duodeni.
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