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Bericht: Herzkrank durch "harmlose" Bakterien

04.10.2000

Als harmlos eingestufte Bakterien sind Ursache schwerer Herzerkrankungen: Forscher fanden nun heraus, daß auch bisher als harmlos geltenden Streptokokken der Gruppen C und G als Spätfolge lebensbedrohliche Herzerkrankungen hervorrufen können.

Als weltweit häufigste Ursache tödlicher Herzerkrankungen bei Kindern galten bisher Infektionen mit Streptokokken-Bakterien der Gruppe A. Wissenschafter der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung bewiesen nun, daß auch bisher als harmlos geltende Streptokokken der Gruppen C und G als Spätfolge lebensbedrohliche rheumatische Herzerkrankungen auslösen können. Die Arbeit wurde in der neuesten Ausgabe von "The Lancet" veröffentlicht.

"Betroffen sind rund 15 Millionen Kinder im Alter von 5-15 Jahren - vorwiegend in Entwicklungsländern aber auch in Nordamerika -, jährlich kommen mehrere Millionen neuer Fälle hinzu. Patienten mit C- und G-Streptokokken wurden bisher jedoch ignoriert, Aufmerksamkeit galt nur den Streptokokken der Gruppe A", erklärt Prof. Chhatwal, Leiter der Abteilung Mikrobielle Pathogenität und Impfstoffforschung.

Verdächtige und unaffällige Rachenentzündungen
Werden Streptokokken-Infektionen im Rachen nicht rechtzeitig behandelt, kann es zu einer Herzerkrankung kommen. Bei Streptokokken der Gruppe A zeigt sich meist ein auffälliges Krankheitsbild (z.B. Scharlach oder Mandelentzündung). Eine Rachenentzündung mit Streptokokken der Gruppen C und G verläuft aber fast ohne Symptome und ist daher leicht zu übersehen. Die möglichen Spätfolgen sind jedoch bei allen Gruppen die gleichen: eine lebensbedrohliche rheumatische Herzerkrankung.

Krank durch Autoimmunreaktion
Ursache ist eine Autoimmunreaktion: Antikörper, die zur Abwehr der Streptokokken gebildet werden, reagieren auch mit Myosin, einem Grundbaustein der Herzmuskulatur. Dies führt zu einer dauerhaften Schädigung der Herzklappen.

Chhatwal untersuchte Aborigines im Norden Australiens, die weltweit eine der höchsten Raten an rheumatischer Herzerkrankung aufweisen. In Rachenabstrichen von Kindern konnten jedoch kaum Streptokokken der Gruppe A, sondern nur solche der Gruppen C und G nachgewiesen werden.

Die Forscher fanden, daß auch bei diesen Infektionen der Rachenschleimhäute Antikörper gegen Herz-Myosin gebildet werden. Elektronenmikroskopische Aufnahmen haben zudem belegt, daß die Bakterien in menschliche Zellen eindringen können.

Überdenken von Prophylaxe- und Therapiekonzepten nötig
"Erstmals konnte damit gezeigt werden, daß auch andere Streptokokken als die der Gruppe A zu der Immunreaktion führen können, die für die schweren Spätfolgen verantwortlich ist. Die Arbeit von Chhatwal und seinen Kollegen bildet ganz sicher die Grundlage, um das Mysterium dieser Krankheit in naher Zukunft zu lösen", sagt Professor Kaplan, Leiter des Streptokokken-Zentrums der WHO an der Universität von Minnesota, USA.

Professor Ganguly, Generaldirektor für Medizinische Forschung im indischen Gesundheitsministerium: "Chhatwals Hypothese wird für viel Wirbel sorgen. Wir müssen unsere Strategien zur Bekämpfung rheumatischer Herzerkrankungen überdenken und neue Konzepte entwickeln." Allein in Indien leiden über 6 Millionen Schulkinder an den Spätfolgen einer Streptokokken-Infektion.

Für Evgueni Tikhomirov (WHO) ist die Arbeit von besonderer Bedeutung, um die Epidemiologie und das Krankheitsbild der gefährlichen Spätfolgen insbesondere in den tropischen und subtropischen Gebieten von Asien, Afrika und dem Westlichen Pazifik zu verstehen.

© medizin.at

 

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