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Ursache des Nijmegen Breakage Syndroms ist nun aufgeklärt

07.10.1999

Das Fehlen von Nibrin, einem neu entdeckten Protein, das DNA-Doppelstrang-Brüche repariert, ist Ursache für das Nijmegen Breakage Syndrom (NBS).

Das hat Dr. Andr‚ Reis vom Institut für Humangenetik der Charit‚ in Berlin während des zweiten Kongresses über Molekulare Medizin in der Bundeshauptstadt berichtet.

Betroffene sterben vor 30. Lebensjahr

NBS ist bekanntlich ein chromosomales Instabilitätssyndrom, das mit Mikrozephalie, Wachstumsretardierung, Immundefizienz, hoher Strahlensensibilität und einer genetischen Disposition für Malignome einhergeht. Die meisten Menschen sterben, bevor sie das 30. Lebensjahr erreicht haben. Reis hat in Kooperation mit Wissenschaftlern aus Polen und den USA das NBS-Gen auf dem langen Arm von Chromosom 8 gefunden (8q21) und die Untersuchungen zeitgleich zur Präsentation der Daten in Berlin in der Fachzeitschrift "Cell" publiziert (93, 1998, 467). Die Ergebnisse der Sequenzierung des normalen Gens und der sechs Mutanten lassen nach Angaben von Reis den Schluß zu, daß die mutierten Gene nicht exprimiert werden, das Protein also fehlt, wenn die Veränderung beide Chromosomen betrifft. Anghörige sind strahlenempfindlicher

Angehörige von NBS-Patienten leiden zwar nicht unter dem typischen Symptomenkomplex der Erkrankung, ein Teil von ihnen ist aber strahlenempfindlicher als der Durchschnitt der Bevölkerung und hat ein erhöhtes Risiko, Tumoren zu entwickeln. "Genanalysen, die nach der Charakterisierung des NBS-Gens und der Mutanten jetzt möglich sind, könnten klären helfen, wer in der Familie stärker gefährdet ist, ein Malignom zu entwickeln, und damit Röntgenaufnahmen auf ein absolutes notwendiges Minimum beschränken sollte", sagte Reis. Proteine, die Doppelstrang-Brüche in der DNA reparieren, sind essentiell, denn Doppelstrang-Brüche kommen nicht nur fehlerhaft als Folge von Umwelteinwirkungen vor, sondern gehören zum normalen Leben der Zellen. Schon bei der zweiten Reifeteilung sind DNA-Brüche die Grundlage für die Neuordnung (Rekombination) mütterlicher und väterlicher Gene. Auch für das Rearrangement der Immunglobulin-Gene bei der Reifung von B-Lymphoyzten, das die große Vielfalt der Antikörperspezifitäten ermöglicht, spielt die Fähigkeit, DNA-Brüche zu kitten, eine zentrale Rolle. Die Unfähigkeit der Immunzellen der NBS-Patienten, sich zu differenzieren, könnte erklären, warum fast alle ein B-Zell-Lymphom bekommen und häufig auch daran sterben.

Nibrin ist offenbar Teil eines Eiweißkomplexes, der Doppelstrang-Brüche an andere Proteine "weitermeldet" und damit eine Reparaturpause im Zellzyklus auslöst, wie die Arbeitsgruppe um Professor John H. J. Petrini von der University of Wisconsin Medical School in Madison, US-Staat Wisconsin, in der gleichen Ausgabe von "Cell" berichtet (93, 1998, 477). Fällt die Fehlermeldung aus, teilen sich die Zellen, ohne die Basenpaare in die richtige Ordnung gebracht zu haben, was Verschiebungen des Leserasters auf der DNA und die Bildung von Stop-Codons zur Folge hat. "Es ist gut möglich, daß ein Teil der Menschen, die auf Strahlen überraschend sensibel reagieren und Tumore entwickeln, auf einem Chromosom NBS-Mutationen haben oder Veränderungen im AT-Gen, das für Ataxia telangiectasia disponiert", erläuterte Reis. "Wir planen jetzt eine Studie, in der Patienten, die besonders strahlenempfindlich reagiert haben, auf NBS- und AT-Gene untersucht werden."

© medizin.at / ÄRZTEWOCHE

 

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