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Wo Kinder leiden, leiden auch Alte

08.05.2000

Wir werden einmal die pflegen, die uns gepflegt haben. Nicht nur die Philosophie spricht von einer 2. Kindheit am Ende unseres Lebens. Doch wie gehen wir mit Abhängigkeit und Hilflosigkeit um? Einer amerikanischen Langzeitstudie zufolge korreliert jedenfalls Mißbrauch von Alt und Jung.

Die in der aktuellen Ausgabe des "Journal of the American Geriatrics Society" publizierte Auswertung von 10 Jahren Sozialarbeit im amerikanischen Bundesstaat Iowa ist die erste ihrer Art. Studienleiter Dr. Gerald J. Jogerst, Außerordentlicher Professor für Familienmedizin an der Universität von Iowa, ist davon überzeugt, daß die Ergebnisse einen signifikanten Einblick in die Risikogesellschaft älterer Menschen und "Babyboomers" geben:

"Wir wollten feststellen, ob bestimmte Risikofaktoren für hilflose Ältere existieren und haben zu diesem Zweck alle von Sozialarbeitern aufgezeichneten Mißbräuche dieser Menschen einbezogen, gleichgültig, ob die Vorfälle innerhalb oder außerhalb von Heimen oder Institutionen stattgefunden hatten". Als hilflose Ältere werden in dieser Studie jene Menschen bezeichnet, die keine selbständigen Entscheidungen mehr treffen können bzw. dürfen.

Die Annahme, daß eine größere Anzahl verfügbarer medizinischer und sozialer Einrichtungen schon aufgrund statistischer Häufung mit einer größeren Anzahl von Mißbrauchsfällen einhergehen würde, bestätigte sich nicht. Jogerst: "Der vorausgesetzte medizinische Aspekt erwies als völlig bedeutungslos. Vielmehr wurde schnell eines klar: In Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte, einer einer großen Zahl unter 18-jähriger ebenso wie einer großen Zahl angezeigter Kindesmißhandlungen und insgesamt vielen Kindern unter 6 Jahren, die in ärmlichen Verhältnissen leben, ist auch die Anzahl angezeigter bzw. bewiesener Fälle von Hilflosenmißbrauch sehr groß".

Auch die nachfolgende Überlegung, daß wegen der vielen Fälle von Kindesmißhandlung in den betroffenen Gebieten die Sozialarbeiter vergleichsweise wenig Zeit für die hilflosen Ältere haben würden und daher weniger Fälle bearbeiten könnten, traf nicht zu.

Es blieb bei der Korrelation:"Wo auch immer viele Kinder mißhandelt werden, mißhandelt man auch Alte", resumiert Jongerst und bedauert, daß durch die Einschränkung auf "hilflose Ältere" alle jene Fälle nicht in die Studie aufgenommen werden konnten, die innerhalb von Familien oder an jenen verübt wurden, die noch selbständig entscheiden.

"Hier ist die Grenze zu fließend - aber jemand, der an sich selbständig lebt, kann in Abhängigkeit hineinrutschen, was nicht als Hilflosenmißbrauch gewertet wird. Jedenfalls denke ich, daß die Art, wie wir mit den Alten und Hilflosen umgehen, ein klares Bild vom Wert unserer Gesellschaft zeichnet".

© medizin.at

 

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