Die "Ärzte Ohne Grenzen" warnen in der aktuellen Ausgabe von „The Journal of Women´s Health and Law“ vor einer Tuberkuloseepidemie in der ehemaligen Sowjetunion und ihrer möglichen Ausbreitung, falls keine Maßnahmen getroffen werden.
Seit 1995 gibt es ein Programm der "Ärzte ohne Grenzen" zu Diagnose und Behandlung von Tuberkulose (TB) in russischen Gefängnissen, doch Dr. Michael Schull, Präsident der "Ärzte ohne Grenzen" und einer der Autoren des Berichtes, glaubt, daß die Auswirkungen der Bemühungen der "Ärzte ohne Grenzen" minimal sein werden, da die Gefängnisse veraltet und drastisch überbelegt sind.
Ende der Ignoranz gefordert
„Die Weltorganisationen können nicht fortfahren, diese Epidemie weiter zu ignorieren. Westliche Regierungen und die Vereinten Nationen müssen Druck auf die Regierung Rußlands ausüben, um entscheidende Reformen durchzuführen, die notwendig sind, um die Ausbreitung der Epidemie in Rußland und darüber hinaus zu stoppen.“ sagt Dr. Schull.
Zusammenbruch von Tb-Kontrolle und Krankheitsmanagement
Außerdem sei eine allgemeine Verschlechterung der Tb-Kontrolle in Rußland zu beklagen: „Der Zusammenbruch der Tb-Kontrolle reflektiert auch Faktoren wie sich verschlimmernde Armut, schlechte Ernährung, unzureichende Gesundheitsprogramme sowie den allgemein limitierten Zugang zu effektiver medizinischer Betreuung". Auch die fortgesetzte Verwendung inadäquater und oft höchst fragwürdiger Behandlungsmethoden für Tb führen zu einem Anstieg der Tb in allen Teilen der ehemaligen Sowjetunion“ sagen die Autoren.
Gerade bei resistenten Stämmen der TB wären prompte Diagnose und Behandlung erforderlich, doch ist beides nicht in ausreichendem Maße gewährleistet. Darüber hinaus mindert mangelhafte betreuende Beobachtung (tracking) der infizierten Häftlinge während und nach der Haft den Effekt der Behandlung, die bis zu 22 Monaten dauern kann.
NGOs überfordert
Die benötigten modernen Medikamente sind 200mal teurer als konventionelle Medikation, schwieriger zu erhalten und die ernsthaften Nebenwirkungen können eine intensive medizinische Betreuung notwendig machen. Schull merkt an, daß eine Organisation wie "Ärzte ohne Grenzen" mit dem Status als „Non-Govermental Organization" (NGO) keine Möglichkeit hat, alle diese Probleme zu lösen. „Wir rufen Politiker, Regierungen und UN-Organisationen auf, zu handeln.“
"Ärzte ohne Grenzen" (Médecins Sans Frontières) ist die größte, auf Privatinitiative basierende humanitäre „non-govermental“ Organisation und wurde vor 30 Jahren gegründet. MSF entsendet über 2000 Freiwillige in über 80 Länder und Krisengebiete und wurde für ihre Bemühungen 1999 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
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