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Lernen an der Vergangenheit

03.04.2000

Kann die moderne Medizin aus ihrer Geschichte lernen? Die meisten würden diese Frage verneinen - Dr. Riddle, Geschichtsprofessor und Spezialist für Geschichte der pflanzlicher Heilmittel an der „North Carolina State University“ sieht das anders. Er präsentierte seine Erkenntnisse auf dem jährlichen Treffen der „American Chemical Society“ in San Francisco.

Größeres Wissen und - kritische - Anerkennung vieler Aspekte "historischer" Medizin könnte modernen Ärzte bei der alternativen Behandlung von Krankheiten zugute kommen, aber auch bei der Einschätzung von Gefahren und Nebeneffekten von modernen Medikamenten und pflanzlichen Zusatzstoffen helfen.

Als Beispiel führt er die beliebten Johanniskrautpräparate an die heute gegen Depressionen eingesetzt werden. Johanniskraut wurde schon im Jahr 800 nach Christus als Antiseptisches Medikament in der Wundbehandlung und bei Blasenproblemen eingesetzt. Riddlers Nachforschungen ergaben, daß in der frühen Literatur über eine Abortive Wirkung des Johanniskrauts berichtet wird. In der modernen Literatur ist darüber bis 1998 nichts mehr zu finden. Basierend auf Riddlers Nachforschungen begannen die Hersteller damit Ihren Produkten warnungen beizulegen, die davor warnen, das Mittel nicht inder Schwangerschaft zu nehmen.

„Niemand glaubt, daß es früher Erkenntnisse gegeben haben könnte, die die mderne Wissenschaft nicht auch schon weiß. Das Wissen über den historischen Gebrauch von Pflanzen kann Pharmazeuten und Chemikern wichtige Einblicke über „unerwartete“ Nebenwirkungen und alternative Verwendungsmöglichkeiten geben. Ich kenne jedoch bis heute keine Chemiker, der seine Studien mit einem Review der Geschichte einer Verbindung beginnt.“ erzählt Riddle

Retrospektive Forschung kann ein äußerst wichtiges Hilfsmittel für die Bestimmung von Medikamentensicherheit und –effizienz darstellen: Natürlich werden heute „neue“ Medikamente in Kurzzeitversuchen auf ihre Sicherheit überprüft, diese Zeitspanne ist allerdings gering im Verhältnis zu den Erfahrungswerten aus dem langfristigen Einsatz einer „Volksmedizin“ glaubt Riddle

Einweiteres Beispiel:
Finasterid, das als Medikament für ältere Männer mit Prostataproblemen auf den Markt gebracht wurde, konnte nach genauerer Forschung in geringerer Dosierung als Haarwuchsmittel verkauft werden. Eine Verschwendung von Forschungsgeldern? „Eine ähnliche Verbindung wie Finasterid ist in Nesseln und Sägepalmen - kostenlos - enthalten. In der Geschichte wurde es für Harnproblemen und zur Anregung des Haarwuchses verwendet. Anhand der Geschichte hätte man die Wirkungen der Substanz vorhersehen können, aber auch, daß es alternative Verwendungsmöglichkeiten gibt“, erklärt Riddle.

© medizin.at

 

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