Bewirkt erhöhter Spiegel männlicher Hormone in der Gebärmutter eine überdurchschnittliche Inklination beider Geschlechter zu Homosexualität? Einer neuen Studie zufolge beeinflußt der Anteil fötaler Androgene nicht nur die relative Fingerlänge, sondern auch die sexuelle Orientierung.
Die Methodik der in der aktuellen Ausgabe des Journales "Nature" publizierten Studie freilich klingt etwas bizarr: Marc Breedlove, Professor für Psychologie an der Berkeley Universität (USA), maß die Fingerlänge von 720 Personen und befragte sie nach Geburt und Sexualverhalten.
"Es gibt keine Gene, die bestimmen, ob Menschen heterosexuell sind oder nicht - ich glaube, daß neben einer Vielzahl sozialer und psychologischer auch biologische Faktoren die sexuelle Orientierung prägen. Die Studienergebnisse etwa legen nahe, daß es Menschen gibt, die auf Grund fötaler Androgene homosexuell sind", erklärt Breedlove, dessen Spezialgebiet die Biologie sexueller Orientierung ist.
Und die Fingerlänge? Im Allgemeinen ist bei Männern der Zeigefinger etwas kürzer als der Ringfinger - besonders an der rechten Hand aber ist dieser Unterschied mit höherem Androgen-Spiegel während der fötalen Entwicklung assoziiert. Frauen weisen häufiger etwa gleichlange Zeige- und Ringfinger auf. Diese relative Fingerlänge ist damit also ein Indikator des pränatalen Androgenspiegels.
Einfache Schlussfolgerungen dürfen aber nicht gezogen werden: Zwar zeigten die Studiendaten eine höhere Übereinstimmung von männlichem Handmuster und weiblicher Homosexualität, homosexuelle Männer hingegen wiesen kaum Übereinstimmungen zwischen sexueller Orientierung und Handmuster auf, sondern zeigten mehrheitlich typisch oder extremere männliche Handmuster.
"Diese Erkenntnisse ziehen alle unsere kulturellen Annahmen in Zweifel, denen zufolge homosexuelle Männer effeminiert wären", sagt Breedlove, "eher könnte das Gegenteil zutreffen: Homosexuelle wären demnach hypermaskulin, was schon frühere Untersuchungen zu Testosteronspiegel, Partneranzahl und Genitaliengröße vermuteten.
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