News

Gentransfer und Klonierung - nur eine Frage der Machbarkeit?

07.10.1999

Bei einer Zwischenbilanz zur Gentherapie verbreiteten Experten auf einem Symposium des Whitehead Institutes am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge im US-Staat Massachusetts verhaltenen Optimismus.

*Menschliche Zelle ist eine immense Hürde

"Die Gentherapie ist geradezu eine verführerisch gute Idee", sagte Dr. Glenn Dranoff vom Dana Farber Krebsinstitut und der Harvard Medical School. Ist das Gen lokalisiert, das zu einer Erkrankung wie etwa der Sichelzellanämie führt, muß die "falsche" Basensequenz in der Erbsubstanz betroffener Zellen durch eine "richtige" ersetzt werden. Schon vor 40 Jahren wurden die physiologischen Grundlagen dieser Krankheit entdeckt. Das daran ursächlich beteiligte Gen ist bekannt. Aber auch in einem Zeitalter, in dem vier Journale ausschließlich der Gentherapie gewidmet sind, bleiben die Erfolge aus. "Bei Mäusen gelingt uns sehr viel, aber bei menschlichen Zellen haben wir immense technische Hürden zu überwinden", erläuterte Dranoff. Fortschritte in der molekularen Medizin hängen seiner Ansicht nach davon ab, bessere Vektoren zu finden, die die Gene für den Austausch in den Zellkern einschleusen. Inzwischen gebe es vielversprechende Erfahrungen mit Retroviren. Dabei handle es sich, so der Wissenschaftler, um "ideologische Verwandte" recht bedrohlicher Viren wie dem HIV, die jedoch nicht mehr virulent sind. Neuerdings werden auch Vektoren aus DNA-Bruchstücken mit Protein- oder Fettmolekülanhängseln künstlich hergestellt. Sie stimulieren allerdings das Immunsystem. Dranoff erwartet, bei der Erforschung gentechnischer Methoden auch neue Erkenntnisse über die biologischen Grundlagen bestimmter Krankheiten, wie etwa der Mukoviszidose oder der Muskeldystrophie, zu gewinnen. "Die gewaltigen Fortschritte bei den Vektoren in den vergangenen zwei Jahren lassen mich optimistisch in die Zukunft der Gentherapie blicken", so auch Dr. Robert Weinberg, führender Biologe am Whitehead Institute.

Außer den technischen wurden auf dem Symposium auch rechtliche Aspekte des Genomprojektes diskutiert. So erläuterte der Jurist John Robertson von der Texas University die Parallelen zwischen verschiedenen genetischen Eingriffen. Dabei weitete er den Begriff der Gentherapie auch auf das Klonen aus. "Wir räumen bereits jetzt Paaren das Recht zur Fortpflanzung über die In-vitro-Fertilisation ein. Aus dieser Überlegung der reproduktiven Freiheit eines Ehepaares heraus könnte man in bestimmten Fällen das Klonen etwa eines jüngeren Kindes gestatten."

*Mehr als ein ethisch- rechtliches Problem

Eine genetische Beraterin wandte ein, daß Eltern versucht sein könnten, ein Kind, das an einer unheilbaren Krankheit leidet, mit Hilfe der Klonierungstechnik zu "ersetzen". "Das bringt ungeheure psychologische Belastungen für Eltern und Kind mit sich", sagte sie. Robertson stimmte zu, daß in solchen Situationen Entscheidungen besonders sorgfältig zu treffen seien. In Europa sieht der Experte auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin wenig Bereitschaft, über solche Themen zu sprechen: "Sämtliche Argumente und Gesetze gegen das Klonen in Europa gründen in einer relativ vagen Vorstellung der Menschenwürde, die nicht näher definiert wird. In den Vereinigten Staaten versucht man, viel spezifischer zu diskutieren."

Auf ein ganz anderes, aber grundlegendes Problem wies Weinberg, der als erster krebserzeugende Gene entdeckt hat, hin. Es bestehe darin, daß eine erfolgreiche Klonierung ein statisches Erbgut voraussetze. Die Realität ist aber ganz anders. Weinberg: "Die Zellen eines Erwachsenen haben millionenfach Mutationen erlitten, und diese stehen möglicherweise einer erfolgreichen Klonierung im Weg."

© medizin.at / ÄRZTEWOCHE

 

home

newsroom
allgemein
wissenschaft
hintergrund

links
österreich
international
journale
abstracts

fragen
themenliste

update


medizin.at
editorial
kommentar

kontakt
redaktion
herausgeber
medieninfo

partner

help

 

© treAngeli, 1999.