Diese wachsende Zahl der Senioren muß auch ihren gesundheitlichen Bedürfnissen entsprechend versorgt werden.
Der "Weltgesundheitsbericht 1998", der bei der 51. Generalversammlung der WHO in Genf vorgelegt wurde, ist "vorsichtig optimistisch" - so der scheidende Generaldirektor der WHO, Dr. Hiroshi Nakajima. Der Titel "Das Leben im 21. Jahrhundert - eine Perspektive für alle" ist vielversprechend, die Statistiken weniger.
Es wird hochgerechnet, daß bis zum Jahre 2025 die Todesrate bei Menschen jünger als 50 Jahre um die Hälfte reduziert werden kann. Noch sterben aber jährlich 17 Millionen Menschen jünger als 50 - davon sieben Millionen Erwachsene und zehn Millionen Kinder jünger als fünf Jahre. Die durchschnittliche Lebenserwartung soll von heute 66 Jahren auf 73 Jahre im Jahr 2025 steigen. Dabei darf nicht vergessen werden, daß es auch in Zukunft starke Unterschiede in der Lebenserwartung geben wird - abhängig von den hygienischen und sozioökonomischen Verhältnissen eines Landes.
*Lebenserwartung: 51 Jahre in Sierra Leone
In 26 reichen Industrieländern wird 2025 mit einer Lebenserwartung von mehr als 80 Jahren gerechnet, in Sierra Leone wird sie dagegen nicht höher als 51 Jahre sein. An der Spitze der Nationen mit hoher Lebenserwartung werden Italien, Island, Japan und Schweden mit 82 Jahren stehen. Mit 80 Jahren wird in Deutschland, Costa Rica, Neuseeland, Irland und den USA gerechnet.
Die Tendenz für eine höhere Lebenserwartung zeichnet sich klar ab. Die wachsende Zahl alter Menschen muß aber auch ihren gesundheitlichen Bedürfnissen entsprechend versorgt werden, betont Nakajima. Er fordert die Politiker auf, die Gesundheitspolitik ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen. Grundvoraussetzung für eine adäquate Gesundheitspolitik ist die interdisziplinäre und intersektorale Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene.
Als ermutigend für den Einzelnen und die Gesellschaft bezeichnet der Report die sich in einigen Ländern abzeichnende rückläufige Tendenz der Pflegefälle bei alten Menschen.
In den nächsten 25 Jahren wird der Bevölkerungsanteil der über 65jährigen um 88 Prozent steigen, der Anteil der Frauen und Männer im arbeitsfähigen Alter steigt dagegen nur um 45 Prozent.
1997 sind weltweit 52,2 Mio. Menschen an den Folgen von Kranheiten gestorben: 18,2 Mio. durch infektiöse und andere Erkrankungen der Atemwege, 17,3 Mio. durch Infektions- und parasitäre Erkrankungen, 6,2 Mio. an Krebs und 3,6 Mio. als Folge perinataler Komplikationen.
Bei den Infektionskrankheiten stehen die akuten Bronchienentzündungen mit 3,7 Mio. Toten an der Spitze der Mortalitätsskala, gefolgt von der Tuberkulose mit 2,9 Mio., der Diarrhoe mit 2,5 Mio., AIDS mit 2,3 Mio. und der Malaria mit 1,5 bis 2,7 Mio. Toten.
Bei den kardiovaskulären Erkrankungen sind es die arteriellen Herzleiden mit 7,2 Mio. Toten, dazu kommen Hirnblutungen sowie Hirninfarkt mit 4,6 Mio. Beim Krebs steht der Lungenkrebs mit 1,1 Mio. Toten an oberster Stelle, gefolgt von Magenkrebs mit 765.000, Darmkrebs mit 525.000, Leberkrebs mit 505.000 und Brustkrebs mit 385.000.
Die WHO nennt den Weltgesundheitsbericht 1998 "eine optimistische Vision des 21. Jahrhunderts". Und so - nicht immer einleuchtend - beurteilt sie die Gesundheitsentwicklung bis zum Jahre 2025:
lIn den Industrieländern bleiben die kardiovaskulären, zerebralen und Krebserkrankungen die Haupttodesursachen. Die Zahl der Toten wird bei einigen Krebskrankheiten in dem Maße steigen, in dem Herz-Kreislauferkrankungen zurückgehen.
lIn den Entwicklungsländern werden die life-style bedingten Krankheiten - ausgelöst durch Rauchen, fettreiche Nahrung und Bewegungsmangel - zunehmen. Die Infektionskrankheiten - allen voran HIV/AIDS und vermutlich die Tuberkulose - bleiben eine wirtschaftliche Bürde.
Die Weltbevölkerung wird von 5,8 Milliarden im Jahre 1997 auf acht Milliarden bis 2025 anwachsen. Jugendliche jünger als 20 Jahre werden nur noch 32 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. Heute sind es noch 40 Prozent.
Bei Kindern werden Infektionskrankheiten und die Unterernährung zurückgehen. Trotzdem rechnet die WHO damit, daß auch in 25 Jahren jährlich noch fünf Millionen Kinder jünger als fünf Jahre sterben werden.
Die Mehrheit der Menschen - 59 Prozent - wird in Zukunft in Megastädten leben, nur 41 Prozent in ländlichen Gebieten. Dieser Trend zeichnet sich trotz der ständig wachsenden Bevölkerung seit 1955 ab: Damals lebten 68 Prozent auf dem Lande, 1995 waren es noch 55 Prozent.
*Partner für künftige Herausforderungen
Allein kann die WHO die Herausforderungen nicht bewältigen. Sie bemüht sich deshalb seit einigen Monaten intensiv um Partnerschaften mit anderen internationalen, aber auch staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen und der Industrie. Die Berührungsängste mit der Pharma-Industrie scheinen überwunden zu sein.
Die Chancen für eine bessere Welt sind dank neuer Technologien und Kommunikationsmittel so gut wie noch nie, hält der Report fest. Voraussetzung dafür, daß diese Chance genutzt wird, ist allerdings der politische Wille und vor allem die Solidarität zwischen den Generationen und zwischen armen und reichen Ländern.
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