Fliegenlarven werden als "Wundbehandler" eingesetzt. Was bei vielen Patienten Staunen oder aber Ekel auslöst, ist eine höchst erfolgreiche Therapie, die schnell und effektiv anwendbar ist, wenn konventionelle Behandlungen und die konservative Chirurgie versagt.
Beim Ngamba Stamm der Aborigines in New South Wales werden Fliegenmaden in diesem Zusammenhang schon seit Jahrtausenden benutzt. Ein ähnliches Vorgehen dürfte auch bei den Mayas in Mittelamerika bekannt gewesen sein.
Naturtherapie wird Schulmedizin
Bereits 1928 führte der amerikanische Orthopäde Baer die Wundbehandlung mit Filiogenmaden in die Medizin ein und berichtete über sensationelle Heilungsraten bei juveniler Osteomyelitis und Ulzera.
Nach madeninduzierten Infektionen mit Chlostridien erkannte Baer als erster die Notwendigkeit, aus Sicherheitsgründen ausschließlich sterile Fliegenmaden zu verwenden. In der Literatur der 30-er Jahre finden sich einige Vorschläge zur Desinfektion der Fliegeneier und sterile Aufzucht der geschlüpften Maden.
Revival nach 40 Jahren Antibiotika
In den 40-iger Jahren lösten sehr bald die Einführung der Antibiotika die Madentherapie ab. Diese erfuhr erst wieder in den 80-iger Jahren durch Sherman und Pechter ein Revival in den USA. 1996 wurde die Wundbehandlung mit sterilen Fliegenlarven der Gattung Lucilia serjacta zur Behandlung chronischer und akuter Infektionen eingesetzt.
Einsatz in Österreich und Deutschland
In Österreich wurde diese Therapieform von Dr Monika Graninger und Dr Martin Grassberger an der Abteilung für Angiologie am Wiener Allgemeinen Krankenhaus für die heutige moderne Medizin adaptiert. Professor Christian Reiter, Gerichtsmediziner am Wiener AKH und passionierter Homöopath, war an dieser außergewöhnlichen Art der Therapie sehr interessiert. Er und sein Forschungsteam arbeiten mit einer deutschen Firma zusammen und sind sehr erfolgreich in der "Herstellung" von sterilen Maden. Diese fanden am Wiener AKH ihren Einsatz.
In Deutschland gilt Wim Fleischmann, Chirurg am Bietigheimer Krankenhaus als Vorreiter dieser zwar etwas "schaurigen" aber erfolgreichen Therapie. Seit 3 Jahren arbeitet er am Projekt "Wundheilung durch Madden". Auch Mediziner an den Universitäten von Jena, Berlin und Freiburg setzen Maden ein.
Die Maden-Methode
Nach Isolierung der Madeneier folgt eine Desinfektion der Eierschale. Die frischgeschlüpten Maden werden auf sterilen Nährböden bebrütet. Nach etwa 2 Tagen stehen die Maden zur Einbringung in die Wunde zur Verfügung. Die Wunde wird mit steriler Ringerlösung gereinigt. Ausgedehnte Nekrosen werden wenn notwendig mit einem Skalpell entfernt.
Dann werden 3 Maden pro Quadratzentimeter auf die Wundoberfläche aufgetragen und am Entkommen gehindert, indem ein feinmaschiges Netz auf die Adhsivstreifen des Wundrandes aufgeklebt werden. Es ist wichtig, daß die Maden viel Luft bekommen, um sie am Leben zu erhalten. Die optimale Behandlungsdauer beträgt 3-4 Tage. Der größte Teil der Patienten, die sich der Larventherapie unterziehen, berichtet über die Elimination oder Reduktion des Wundschmerzes.
Indikationen der Madenbehandlung
Maden reinigen die Wunde und stimulieren die Granulationsgewebsbildung, da die sie Enzyme freisetzen, die wiederum die Nekrolyse fördern.
Diese Wundbehandlung eignet sich besonders für Ulkusbildungen mit schmierigem Wundbelag. Dazu zählen Ulzera bei Diabetes, Verbrennungen, Wundinfektionen und bei arteriellen Verschlußkrankheiten (PAVK). Bei PAVK muß zuerst die periphere arterielle Durchblutung verbessert werden, bevor die Biochirurgie zum Einsatz kommen kann.
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