Einmalige, ambulante "Reinigung" des Blutes von Cholesterin und Fibrinogen soll den Hörverlust aufzuheben. Nach einer vielversprechenden Vorstudie am Klinikum Großhadern in München wird das neue Verfahren nun an weiteren Kliniken, unteranderem der Charité in Berlin und bald auch in Hamburg und Bochum, überprüft.
Unter einem Hörsturz versteht man den plötzlichen einseitigen Hörverlust, ausgelöst durch eine meist mit Druckgefühlen oder Ohrgeräuschen verbundene Funktionsstörung im Innenohr.
Jedes Jahr sind allein in Deutschland etwa 20 von 100 000 Menschen betroffen. Die Ursachen sind unbekannt, die Behandlung dementsprechend ohne wissenschaftlich gesicherte Grundlage. Allgemein wird angenommen, daß dem plötzlichen Hörverlust eine Durchblutungsstörung im Innenohr zugrunde liegt, vergleichbar den Gefäßverschlüssen bei Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Bisher bestand die Behandlung darin, 10 Tage lang durchblutungsfördernde und gefäßerweiternde Medikamente per Infusion zu verabreichen. In der Annahme, daß es auch eine entzündliche Komponente gebe, wird als entzündungshemmendes Mittel Cortison gegeben.
In vielen Fällen kann sich ein Hörsturz auch ohne Behandlung innerhalb von Tagen bis Wochen teilweise oder vollständig zurückbilden, daher ist Wirksamkeit der Infusionsbehandlung nicht geklärt.
Der Hörsturz tritt gehäuft bei Personen mit erhöhtem Risiko für Gefäßverschlüsse auf, dadurch kann der Blutfluß in kleinsten Gefäßen behindert oder unterbrochen werden. Nun soll versucht werden mit einer einmaligen, ambulanten "Reinigung" des Blutes von Cholesterin und Fibrinogen den Hörverlust aufzuheben.
Dabei wird im Rahmen der sogenannten H.E.L.P ( Heparin-Induzierten Extrakorporalen LDL-Präzipitations) -Apherese das Blut des Patienten aus einer Vene heraus über ein Filter geleitet, welche die überhöhten Mengen an Cholesterin und Fibrinogen herauswäscht.
Das gereinigte Blut wird in das Venensystem zurückgeführt. Schon während der 2-3 Stunden dauernden Behandlung bemerkten sechs von sieben der in München behandelten Patienten, daß das Druckgefühl im Ohr nachließ und ihre Hörfähigkeit sich besserte.
Die Forscher vermuten, daß dank der verbesserten Fließeigenschaften des Blutes aus der Wand der kleinen Gefäße auch wieder vermehrt das körpereigene Stickstoffmonoxyd (NO) freigesetzt werden kann, der auf natürliche Weise die Gefäße erweitert.
Patienten, die akut einen Hörsturz erleiden, können sich ab sofort über die "Chirurgische Rettungsstelle" am Campus Virchow-Klinikum der Charité mit der H.E.L.P.-Apherese behandeln lassen. Ansprechpartner ist die Leiterin der Studie, Frau Dr. med. Birgit Mazurek (Tel.: 030- 450-55 002).
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