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Handverletzungen sind keine Bagatellprobleme

07.10.1999

Worauf kann ein Allgemeinmediziner bei Untersuchungen der Hand achten?

STRAUB: Wichtig bei Untersuchungen der Hand ist eine möglichst genaue und detaillierte Anamnese. Im Falle eines Traumas lassen sich aus Art, Richtung und Gewalt der Krafteinwirkung wesentliche Rückschlüsse auf mögliche Verletzungen gewinnen. Darüberhinaus ist auch nach vorbestehenden Beschwerden zu fahnden, nicht selten werden diese erst durch Bagatelltraumen aktiviert, Beschwerden der Halswirbelsäule strahlen z.B. oft in die Hand und den Arm aus.

Wie können sich Hals- wirbelbeschwerden auf die Hand auswirken?

STRAUB: Bedingt durch degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbellöcher und durch Reizzustände im Bereich der Nervenwurzel-austrittsstellen können sich Schmerzen in den entsprechenden peripheren Ausbreitungsgebieten - Dermatomen - finden, das heißt die sogenannten projizierten Schmerzzonen. Aber auch chronische Fehlhaltungen und Fehlbelastungen der Halswirbelsäule und des Schultergürtels können zu peripheren Beschwerden führen.

Wann sollte mit einer umfassenderen Unter- suchung bei Beschwerden der Hand begonnen werden?

STRAUB: Prinzipiell sollte im Anschluß an Unfälle bereits die Erstuntersuchung möglichst aufschlußreich sein, beziehungsweise sollten weitere Untersuchungen schon hier angeordnet werden. Manche Veränderungen werden von allen Beteiligten unterschätzt.

Welche Probleme können entstehen?

STRAUB: Man nimmt sich die Möglichkeit, bei verletzungsbedingten Folgezuständen eine Versorgung in möglichst frischem Zustand durchführen zu können, z. B. bei bestimmten Bandverletzungen. Bei chronischen Veränderungen kann eine Eigendynamik entstehen, wobei ein schmerzbedingter erhöhter Muskeltonus zu weiteren Schmerzen und weiterer Tonuserhöhung führt, das Ganze kann sich schließlich zentral fixieren. In diesen Fällen ist eine Unterscheidung zwischen Bagatellverletzungen und begleitenden, längerdauernden kombinierten Hand-Arm-Beschwerden ausgehend von einem chronischen Zervikalsyndrom besonders schwierig.

Welche Verletzungen der Hand machen häufig diagnostische Schwierigkeiten?

STRAUB: Bedingt durch oft relativ geringe Symptome, kommen Kahnbeinbrüche, Verletzungen des Handgelenksdiskus, skarpho-lunäre Bänderrisse und Distorsionen des Fingerzwischengelenkes häufiger zur sekundären Behandlung als andere Verletzungen.

Was gehört unbedingt zu einer umfassenden Hand-Diagnostik?

STRAUB: Zu einer genaueren Diagnose gehört ein gutes Standard-röntgen in mindestens zwei Ebenen, bei entsprechendem Verdacht sollten weiterführende Maßnahmen wie Schichtaufnahmen, MRI, Szintigraphie, Kontrastmitteluntersuchungen, Bewegungsstudien, Computertomographie durchgeführt werden. Bei einigen dieser Untersuchungen sollte auch die gesunde Gegenseite mituntersucht werden, da die individuelle Streubreite der Normalbefunde relativ groß sein kann. Generell gilt in der Diagnostik auch hier, daß das "daran Denken" von wesentlichem Wert ist.

Worauf sollte ein Allgemeinmediziner in bezug auf die Hand bei Kindern und Jugendlichen achten?

STRAUB: Bei Verletzungen im Bereich der Wachstumsfugen sollten Eltern prinzipiell auf später mögliche Form- und Wachstumsveränderungen aufmerksam gemacht werden. Was sportliche Tätigkeiten betrifft, so konnten auch in frühem Alter bereits erste Veränderungen durch übermäßiges Training beobachtet werden, diesbezüglich sind besonders Sportarten mit hoher manueller Belastung betroffen. Bekannt ist zum Beispiel das Handgelenk des Turners oder die Wachs-tumsfugenveränderungen bei jugendlichen Sportkletterern. In welchen Bereichen - außer im Sport - sehen Sie ebenfalls Probleme für die Entwicklung der Hände von

Kindern und Jugendlichen?

STRAUB: Generell sind hohe permanente Belastungen nicht empfehlenswert, das wachsende Skelett muß sich langsam anpassen können Bei jugendlichen Musikern wurden lokale Probleme durch übermäßiges Üben beobachtet, wie zum Beispiel Achsenabweichungen der Finger bei Streichinstrumentalisten, es können aber auch generelle Veränderungen wie Wirbelsäulenverkrümmungen und ausgeprägte Muskelbalancestörungen durch langdauernde Zwangshaltungen beim Musizieren ent- stehen. Man kann auch einem Musiker durchaus Ausgleichssport empfehlen, um die sowohl statisch als auch dynamisch hoch belastete Muskulatur wieder zu regenerieren. Diesbezüglich hat es gerade in den letzten Jahren steigendes Interesse von seiten der Mediziner gegeben, was zum Beispiel Ausdruck in eigenen Gesellschaften für Musikerorthopädie und Betreuung von Kunstschaffenden gefunden hat.

© medizin.at / ÄRZTEWOCHE

 

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