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Was Hänschen nicht lernt

07.10.1999

"Lebensstilmedizin, insbesondere das Thema Bewegung, sollte schon in der Mutterberatung ansetzen und im Kindergarten weitergehen", betont Dr. Franz Schramm, Gemeindearzt in Traun. Bereits die Gesundenuntersuchungen von Müttern seien eine Möglichkeit, grundlegende Informationen zu vermitteln.

Dazu gehört etwa die Frage, welcher Sport im Kindes- und Jugendalter empfehlenswert ist. Schramm: "Trendsportarten wie Fußball, Tennis oder Schifahren sind letztlich nicht wirklich gesund bzw. ist der menschliche Körper nicht für die damit verbundene Belastung konzipiert."

Primärprävention durch Stillen "Eine wesentlich stärkere Beachtung sollte im Sinne der Primärprävention dem Stillen bzw. der Stillberatung geschenkt werden", meint Ilse Bichler, Obfrau des Verbandes der Still- und Laktationsberaterinnnen (VSLÖ). Sie verweist auf aktuelle Studien aus den USA, die die Vorteile des Stillens aufzeigen konnten: deutlich weniger infektiöse Krankheiten, Entwicklung und Zahngesundheit des Kindes werden unterstützt, chronische Krankheiten wie Diabetes treten ebenso seltener auf wie Krebs. Deutlich reduziert werde auch das SIDS-Risiko.

Eine amerikanische Studie empfiehlt zwölf Wochen volles Stillen. Bichler: "Würden möglichst viele Frauen ihre Kinder so lange stillen, ergäben sich daraus bis zu 4 Milliarden Dollar Einsparungen für das Gesundheitssystem und zusätzlich über zwei Milliarden Dollar Ersparnisse in den Haushalten." Auch ein geringeres Osteoporose- bzw. Brust- und Eierstockkrebs-Risiko der Stillenden sowie eine Verringerung von Beschwerden während des Wochenbetts würden Kosten reduzieren helfen.

"Die Studie zeigt, daß sich professionelle Betreuung von Frauen durch Still- und Laktationsberaterinnen sowie die Unterstützung von Selbsthilfegruppen wie die La Leche-Liga schnell rechnen", ist Bichler überzeugt. Sie fordert daher die Aufnahme von Maßnahmen zur Unterstützung des Stillens in alle Gesundheitsprogramme sowie finanzielle Unterstützung für Eltern, die spezielle Stillberatung in Anspruch nehmen.

"Primärprävention umfaßt einerseits Maßnahmen wie Impfungen, um das Auftreten von Krankheiten zu verhindern, und andererseits Gesundheitsförderung, zu der auch Verhaltensänderungen im Sinne einer Lebensstilmedizin gehören", erklärt DDr. Oskar Meggeneder, stellvertretender Direktor der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse. Ein Problem der Gesundheitsinformation ist, "daß sie vorwiegend Personen erreicht, die -aus welchen Gründen auch immer -ohnehin Wert auf einen gesunden Lebensstil legen", gibt Meggeneder zu bedenken. Auch noch so aufwendig gestaltete Broschüren in großer Anzahl gehen oft in der allgemeinen Medienflut unter, wenn es keine flankierenden Maßnahmen gibt. Meggeneder empfiehlt deshalb den Setting-Ansatz der Weltgesundheitsorganisation: "Maßnahmen müssen dort ansetzen, wo die Menschen leben, z.B. direkt am Arbeitsplatz mit Veränderungen der Arbeitsbedingungen."

Offen für intensive Zusammenarbeit Neben konkreten Ratschlägen sollte Lebensstilmedizin "die vorhandenen Potentiale in den Menschen wecken und fördern", empfiehlt Meggeneder. Die selbst erkannten, miterarbeiteten Maßnahmen würden viel eher umgesetzt als noch so gut gemeinte Ratschläge "von oben".

"Wir Ärzte sind offen für eine intensivere Zusammenarbeit mit den Kassen im Bereich der Lebensstilmedizin", betont Dr. Wolfgang Marks, Arzt für Allgemeinmedizin in Linz und Referent für Vorsorgemedizin der oberösterreichischen Ärztekammer.

Viel zu kurz kommt die Gesundheitserziehung auch in den Schulen. "Schulärzte sind hauptsächlich damit befaßt, juristisch festgelegte Aufgaben zu erfüllen", bedauert Marks. Sie hätten letztlich sehr wenig Zeit, sich mit einzelnen Schülern gründlicher zu befassen und mehr als eine kurze Durchuntersuchung vorzunehmen. Marks: "Die Schulärzte verweisen immer wieder darauf, wieviel mehr an präventiven Aktivitäten möglich wäre -und sei es nur in Form von Information."

Letztlich stünden dafür aber nie ausreichende Mittel zur Verfügung. Bereits 40 Prozent der 10jährigen weisen Haltungsschäden auf, und bis zu einem Drittel der Krankenstände und Frühpensionen gehen auf Erkrankungen des Bewegungsapparates zurück. Marks: "Ohne entsprechende Forcierung der Lebensstilmedizin wird das nach wie vor vorwiegend auf Reperaturmedizin ausgerichtete Gesundheitssystem noch in große Schwierigkeiten kommen."

© medizin.at / ÄRZTEWOCHE

 

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