Erektile Dysfunktion, wie das im Volksmund Impotenz genannte Problem auch heißt, kann ein frühes Warnzeichen für Herzprobleme darstellen. Deshalb sollten Ärzte das Problem nicht auf die die leichte Schulter nehmen, sondern den Ursachen auf den Grund gehen. Dr. Marc Pritzker von der Minneapolis Heart Institute Foundation verweist dabei auf Fälle, bei denen die Ursache in Gefäßerkrankungen zu suchen ist.
Erektile Dysfunktion könnte, so Dr. Pritzker, auch als "Stresstest für den Penis" gesehen werden: Analog zu Belastungs-EKGs, die die elektrischen Signale des Herzes messen, ist es eigentlich ein körpereigener Weg, bereits erkrankte Blutgefäße auf ähnliche Art aufzuspühren.
Wir haben erkannt, daß das Auftreten von Arteriosklerose in einem Teil der Blutgefäße das erhöhte Risiko eines Vorkommens auch in anderen Körperbereichen, seien es Herz, Hirn, Beine oder Nieren andeuten kann. Die Blutgefäße des Penis sind enger als Arterien in anderen Körperbereichen. Arteriosklerose - die Krankheit, die zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führt - kann sich zuerst in einer erektilen Dysfunktion manifestieren, bevor es zu Problemen in anderen, größeren Arterien kommt. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für Präventionsprogramme, die das Risiko von Herzattacken und Schlaganfällen senken sollen, ist Dr. Pritzker überzeugt.
Pritzker präsentierte eine Studie an 50 Männern mit Erektionsproblemen, die wegen einer Verschreibung für Viagra von ihren behandelnden Ärzten zur weiteren Abklärung der Ereketionsstörungen gesandt wurden. Obwohl keiner dieser Männer Symptome eines Herzleidens zeigte, hatten 20 von ihnen (40%) signifikante Blockaden der Herzarterien, die mit Brustschmerzen in in Verbindung gebracht wurden. Damit zeigte sich ein erhöhtes Risiko, eine Herzttacke zu erleiden.
Natürlich war unsere Versuchsgruppe eine speziell ausgewählte und wir wollen hoffen, daß sich nicht hinter jedem Fall von erektiler Dysfunktion ein Herzleiden verbirgt. Jedoch kann ein Mann, der bislang ein normales Sexualleben hatte und plötzliche Veränderungen in seiner Erektionsfähigkeit feststellt, Anzeichen einer Arteriosklerose zeigen bei der Arterien verschloßen werden und dem Herzmuskel zuwenig Blut zugeführt wird. Bei einer eingehenderen Befragung unserer Patienten zeigt es sich, daß das auftreten erektiler Dysfunktion, etwa ein Jahr vor dem Infarkt keineswegs ungewöhnlich ist. Diese Potenzstörungen können ein frühes Warnsignal für die Neigung zu Herzproblemen darstellen, sagte Dr. Pritzker.
Er fügt hinzu, daß zwischen 30 und 50 Prozent der Fälle von erektiler Dysfunktion das Resultat von Blutgefäßerkrankungen sind. Andere mögliche Ursachen sind die Einnahme von verschreibungspflichtigen Medikamenten wie Herz oder Bluthochdruckmedikamente, Hüftverletzungen, Depressionen, Drogenabhängigkeit, degenerative Krankheiten wie Multiple Sklerose, Fatique und Streß. Ebenso könne Potenzstörung das Resultat psychischer Faktoren sein.
Die Erfahrungen mit Viagra haben gezeigt, daß das Medikament für Patient mit den meisten cardiovaskulären Erkrankungen gefahrlos einsetzbar ist solange die Patienten angehalten werden, Nitroglycerin oder -verwandte Medikamente zu meiden und vernünftige Richtlinien für körperliche Betätigungen einzuhalten.
Die Einführung neuer Behandlundsmethoden für erektile Dysfunktion eröffnet neue Wege zur Früherkennung von Herzerkrankungen. Die Möglichkeit, mittels Viagra Potenzstörungen zu behandeln, führt Männer einer Altersgruppe, in der bereits Gefäßerkrankungen sehr häufig sind und die sich oft keiner Routineuntersuchung unterzogen hätten, wegen ihrer erektilen Dysfunktion zum Arzt. Nur 15 der 50 Patienten hatten, bevor sie Hilfe wegen ihrer Potenzstörung suchten, in den zwei Jahren davor einen Arzt aufgesucht.
Die Herzerkrankungen der Studienteilnehmer waren alle behandelbar und in vielen Fällen verschwand die erektile Dysfunktion wenn die Patienten das Rauchen aufgaben bzw. ihre Cholesterinwerte verbesserten.
Keiner der Studienteilnehmer zeigte offensichtliche Symptome einer Herzerkrankung doch 80% waren zumindest einer Risikogruppe zugehörig (Nikotinkonsum, Cholesterin, Diabetes, Bluthochdruck, erbliche Belastung) Mehr als die Hälfte der Männer zeigte erst beim Belastungs-EKG Anzeichen einer Herzerkrankung.
20 der 50 Männer unterzogen sich anschließend einer Angiographie (Injektion eines Kontrastmittels in die Herzarterien um mittels Röntgens Durchflußblockaden festzustellen). 6 der 20 zeigten Blockaden der drei Herzhauptarterien, 7 hatten immerhin Verengungen zweier Arterien und jeweils eine Arterie war beim Rest der 20 blockiert. Bei allen anderen Teilnehmern, die anfänglich Symptome einer Herzerkrankung beim Belastungs-EKG zeigten, konnte eine Herzerkrankung mittels weiterer Tests ausgeschlossen werden bzw. war die Erkrankung zu minimal für die Untersuchung durch Angiographie.
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