artikel nr: 3587

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Wer entscheidet, wenn ich entscheide?

Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth, der am Institut für Hirnforschung der Universität Bremen die Abteilung für Verhaltensphysiologie und Entwicklungsneurobiologie leitet, Rektor des Hanse-Wissenschaftskollegs, Delmenhorst, sowie Präsident der Studienstiftung des deutschen Volkes ist, sorgt mit seinen Thesen, die darauf hinauslaufen, dass der Mensch keinen freien Willen habe und dementsprechend auch nicht schuldfähig sei, für heftigste Debatten.

Womit er Publikum und Kollegenschaft konfrontiert, beschreibt Roth selbst folgendermaßen: "Nach landläufiger Meinung sind die besten Entscheidungen diejenigen, die möglichst stark von Vernunft und Verstand und möglichst wenig von Gefühlen bestimmt sind. Insbesondere sollen wichtige Entscheidungen nicht spontan oder gar unbewusst passieren."

Die moderne Hirnforschung und Psychologie zeige nun, so Roth, das genaue Gegenteil: "Ein Großteil unserer Entscheidungen fällt unbewusst, und wir erleben nur bewusst, was unser Gehirn bereits entschieden hat. Bei wichtigen Entscheidungen spielt natürlich das rationale Abwägen von Möglichkeiten und Alternativen eine große Rolle, aber dies findet erstens immer im Rahmen unseres - nur zum Teil bewussten - emotionalen Erfahrungsgedächtnisses statt, und zweitens bestimmt dasselbe Gedächtnis, welche der Alternativen wir auswählen. Vernunft und Verstand sind in diesem Prozess nur Ratgeber, wenngleich oft sehr wichtige, aber sie entscheiden nichts."

So liegt laut Roth der Unterschied zwischen einer 'irrationalen' und einer 'rationalen' Entscheidung darin, ob spontan ('aus dem Bauch heraus') oder aufgrund des Abwägens von Alternativen entschieden wird. Beides werde jedoch von Emotionen bestimmt, in die Verstand und Vernunft in jeweils sehr individueller Weise eingebettet seien.


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