Killerzellen unter Kontrolle
Warum die Immunzellen Erreger frühzeitig angreifen - Für seine weitreichenden Arbeiten über die Wirkungsweise "natürlicher Killerzellen" im Immunsystem wird der Biologe Dr. Carsten Watzl mit dem mit 2.500 Euro dotierten Robert-Koch-Postdoktoranden-Preis 2003 am 27. Oktober in Berlin ausgezeichnet.
Natürliche Killerzellen, auch NK-Zellen genannt, gehören zu den weißen
Blutkörperchen. Sie spielen bei der frühen Immunabwehr des Körpers gegen
Viren und Bakterien sowie Tumorzellen eine entscheidende Rolle. Bevor das
Immunsystem seine Kräfte zur Generalabwehr formiert, bekämpfen die NK-Zellen
schon die Erreger und töten die befallenen Körperzellen gezielt ab. Wie die
NK-Zellen die erkrankten Körperzellen erkennen und welche molekularen
Mechanismen zur Aktivierung der Killerzellen führen, konnte Dr. Watzl durch
seine mehrjährigen Forschungsarbeiten charakterisieren.
Feine Balance zwischen positiven und negativen Signalen
Die Aktivierung der natürlichen Killerzellen wird durch eine feine Balance
zwischen positiven und negativen Signalen reguliert. Auf der Oberfläche der
NK-Zellen sitzen bestimmte Rezeptoren, die entweder ein aktivierendes oder
hemmendes Signal in die Killerzelle hinein weiterleiten. Kommt die NK-Zelle
mit einer Körperzelle in Kontakt, so binden die aktivierenden und hemmenden
Rezeptoren die Körperzelle an den entsprechenden Oberflächenmolekülen.
Gesunde Körperzellen zeigen auf ihrer Oberfläche spezifische Proteine,
sogenannte MHC I-Moleküle, die von hemmenden Rezeptoren der NK-Zelle erkannt
werden. Dadurch wird die Aktivierung der NK-Zelle unterbunden und
sichergestellt, dass keine gesunden Körperzellen angegriffen werden. Einige
Krebszellen und Zellen, die von bestimmten Viren befallen werden, verlieren
jedoch ihre MHC I-Moleküle. Da die Gegenregulation durch die hemmenden
Rezeptoren in diesem Falle nicht mehr stattfindet, überwiegen die
aktivierenden Signale in der NK-Zelle und diese geht zum Angriff über.
Komplizierte Wechselwirkungen der Rezeptoren
Bei einem dreijährigen Forschungsaufenthalt als Postdoktorand in der Gruppe
von Dr. Eric O. Long am National Institute of Allergy and Infectious
Diseases (NIAID), National Institutes of Health, Rockville, MD, USA, legte
Dr. Watzl den Grundstein für seine heutige Forschung. "Signale, die zur
Aktivierung von NK-Zellen führen, waren bisher nur unvollständig
verstanden", erläutert Dr. Watzl. "Deswegen nutzten wir den damals bekannten
aktivierenden NK-Zell-Rezeptor 2B4 als Modell, um die Wirkweise
aktivierender und hemmender Regulationssignale in NK-Zellen zu studieren."
So konnte gezeigt werden, dass nach Bindung der NK-Zelle an die erkrankte
Zielzelle eine Phosphorylierung des 2B4-Rezeptors auftrat, die letztendlich
zur Abtötung der attackierten Zielzelle und zur Ausschüttung von
Botenstoffen für weitere Zellen des Immunsystems führt.
Weiterhin fanden der Heidelberger Wissenschaftler und seine Kollegen: Die
Phosphorylierung und Aktivierung des 2B4-Rezeptors ist von einer
Anreicherung in bestimmten Bereichen der NK-Zellmembran, den sogenannten
"lipid rafts", abhängig. Eine Aktivierung der hemmenden Rezeptoren im
Modellsystem unterbindet dagegen die Phosphorylierung des aktivierenden
2B4-Rezeptors und die Anreicherung in den "lipid rafts". "Wahrscheinlich
hängt dieser Mechanismus mit einer Blockierung des unter den "rafts"
liegenden Actin-Zytoskeletts zusammen", erklärt Dr. Watzl. Da auch andere
aktivierende Rezeptoren der NK-Zellen und anderer Immunzellen von dem
Mechanismus der "lipid rafts" abhängig sind, könnte dies einen allgemeinen
Wirkmechanismus für hemmende Rezeptoren in den weißen Blutkörperchen
darstellen.
Die Untersuchungen der frühen Signalereignisse bei der Aktivierung von
NK-Zellen leisten einen bedeutenden Beitrag zur Aufklärung der komplizierten
Wechselwirkungen zwischen aktivierenden und hemmenden Oberflächenrezeptoren
in NK-Zellen und anderen weißen Blutkörperchen. Sie helfen somit die
Reaktionen von NK-Zellen bei der Abwehr von Infektionen besser zu verstehen.
Literatur:
Vav1 dephosphorylation by the tyrosine phosphatase SHP-1 as a mechanism for
inhibition of cellular cytotoxicity
Stebbins CC, Watzl C, Billadeau DD, Leibson PJ, Burshtyn DN, Long EO
Mol Cell Biol. 2003 Sep; 23(17):6291-9.
Natural killer cell inhibitory receptors block actin cytoskeleton-dependent
recruitment of 2B4 (CD244) to lipid rafts
Watzl C, Long EO
J Exp Med. 2003 Jan 6; 197(1):77-85.
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