Späteres Zähneputzen schont den Zahnschmelz
Wer sich direkt nach dem Genuss von sauren Getränken oder
Lebensmitteln die Zähne putzt, hat einen drei bis fünffach
gesteigerten so genannten Zahnhartsubstanzzabtrag. Wer dagegen
mindestens 30 bis 60 Minuten wartet und dann erst die Zahnbürste zum
Einsatz bringt, schont seine Zähne.
Zahnmediziner der Universität Göttingen - Bereich Humanmedizin haben dies in einer Studie mit elf Freiwilligen festgestellt, die je sechs sterilisierte Proben aus
Zahnmaterial für 21 Tage im Mund tragen mussten.
Diese Zahnproben wurden in
herausnehmbare Schienen eingepasst. Jeden Tag (vormittags und abends)
nahmen die Testpersonen die Schienen aus dem Mund und legten sie für
90 Sekunden in ein handelsübliches Erfrischungsgetränk mit einem
pH-Wert von 2,9. Die Zahnproben wurden dann nach einem vorgegebenen
zeitlichen Schema mit einer elektrischen Zahnbürste und Zahnpasta
gebürstet. Zum Abschluss des Versuches wurde der Substanzverlust an
der Probenoberfläche mit einem Profilometer gemessen.
"Dabei zeigte sich, dass der Abtrag geringer war, wenn die Teilnehmer
mit dem Zähneputzen 30 bis 60 Minuten warteten," sagt Prof. Thomas
Attin. Der Abtrag des Zahnschmelzes wird leichter, wenn so genannte
säurebedingte Erosionsschäden an den Zähnen bestehen. Solche Schäden
werden je nach Studie insgesamt bei zehn bis 20 Prozent der
untersuchten Personen beobachtet. Zunehmend haben auch Kinder und
Jugendliche solche Erosionen. Allerdings zeigen Studien auch, dass
aufgrund verbesserter Vorbeugemaßnahmen die Zähne wesentlich länger im
Mund verbleiben und nicht ausfallen. Der mit den Zahnerosionen
verbundene Verlust an Zahnhartsubstanz stellt daher (zukünftig) ein
größer werdendes zahnmedizinisches Problem dar.
Für die Entstehung von Erosionen werden innere (intrinsische) und
äußere (extrinsische) Faktoren verantwortlich gemacht. Zu den
intrinsischen Faktoren gehören zum Beispiel der Reflux (Rückfluss) von
Magensäure und das häufige Erbrechen bei Bulimia- beziehungsweise
Anorexia-nervosa-Patienten. Extrinsische Faktoren, die zur Entstehung
von Zahnerosionen beitragen, sind unter anderem der häufige Genuss
saurer Lebensmittel oder Medikamente. Zu den sauren Lebensmitteln
müssen auch Getränke gezählt werden. Sie weisen teilweise einen
erheblichen Anteil an Fruchtsäuren auf, die eine Demineralisation von
Zahnschmelz bedingen können.
Durch die Säureeinwirkung kommt es zu einer Zerstörung des
kristallinen Gefüges der äußeren Schichten von säureexponiertem
Zahnschmelz und Dentin, so dass die obersten Schichten der
Zahnhartsubstanzen teilweise direkt in Lösung gehen. Außerdem gehen
die Zahnhartsubstanzdefekte auf einen verminderten
Abnutzungswiderstand (Abrasionsresistenz) der durch den erosiven
Angriff erweichten äußeren Zahnschichten zurück. Diese
demineralisierte Zahnoberfläche kann dann beim Zähnebürsten oder beim
Kauen von abrasiven Nahrungsbestandteilen verstärkt abgetragen werden.
Das verzögerte Zähneputzen soll dazu dienen, die demineralisierten,
das heißt erweichten Zahnoberflächen durch Kalzium- und Phosphat-Ionen
im Speichel zu remineralisieren, so dass die Zahnoberfläche wieder
widerstandfähiger wird.
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