Kinder mit Rheuma + "Die Rheuma-Landkarte"
Rheuma ist nicht immer eine Folge des Alterns, sondern kann auch Kinder und
Jugendliche treffen. Rund 1.000 österreichische Kinder im Alter zwischen 0 und 16 Jahren leiden an einer chronischen rheumatischen Erkrankung. Ihre Krankheit wird oft viel zu spät erkannt und die Versorgung ist - wie jene der rund 2 Millionen Erwachsenen mit Rheuma - oft äußerst mangelhaft.
Zusammenfassung Pressegespräch 3. April 2003
Häufig scheitert es schon daran, dass in der Umgebung des Wohnorts kein auf
Rheuma-Erkrankungen spezialisierter Facharzt zu finden ist. Hier hilft die Die Rheuma-Landkarte...
Als Orientierungshilfe für Betroffene und Angehörige bei der Suche nach
Fachärzten haben die Österreichische Rheumaliga (ÖRL) und die
Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR) mit Unterstützung der
Firmen Pfizer und Pharmacia die "Rheuma-Landkarte" entworfen. "Sie listet
übersichtlich nach Bundesland und Postleitzahl Adressen und Erreichbarkeit
von niedergelassenen Fachärzten für Rheumatologie, Kinder-Rheumatologen,
Rheuma-Ambulanzen und Rheuma-Sonderkrankenanstalten.
Darüberhinaus werden die Rheuma-Selbsthilfegruppen der Rheumaliga augelistet", informiert Prim. Burkhard Leeb, Vorstand der 2. Medizinischen Abteilung des Humanis-Klinikums Niederösterreich, Stockerau. "Bisher gab es kein Verzeichnis, das einen vergleichbar umfassenden und raschen Überblick über rheumatologisch versierte ÄrztInnen und Patientengruppen quer durch alle Bundesländer bietet."
Die Rheuma-Landkarte kann kostenlos auf www.rheuma-service.at oder bei der
Rheuma-Service-Hotline 01/212 70 70 vorbestellt werden und wird ab Mai 2003
verfügbar sein.
Auf indirekte Anzeichen achten
Kinder sagen nicht 'ich habe Rheuma', sondern äußern ihre Beschwerden
indirekt. "Gerade kleinere Kinder können ihren Schmerz noch nicht
ausdrücken, da ihnen die Schmerzerfahrung fehlt. Sie nehmen Schonhaltungen
ein, um ihre Gelenke in eine schmerzarme Stellung zu bringen und ziehen sich
oft zurück", beschreibt Prof. Wilhelm Kaulfersch, Leiter der Abteilung für
Kinder- und Jugendheilkunde des Landeskrankenhauses Klagenfurt die ersten
Warnzeichen einer rheumatischen Erkrankung.
Je früher die Diagnose gestellt wird, desto größer ist die Chance auf
Genesung. Allerdings ist der Weg dorthin oft schmerz- und mühevoll und
außerdem viel zu lang, denn sowohl Eltern als auch Ärzte gehen zunächst
meist von anderen Krankheitsbildern aus. Kaulfersch: "Gelenks- und
Muskelschmerzen stellen den zweithäufigsten Grund für den Arztbesuch dar.
Die Suche nach der Schmerzursache ist eine 'Suche nach der Stecknadel im
Heuhaufen' - Rheuma ist nur eine der vielen möglichen Krankheitsbilder in
diesem Symptomkomplex. Außerdem sind die Krankheitszeichen bei Kindern
andere als die Erwachsener. Auch Krankheitsausprägung, Verlauf und Therapie
unterscheiden sich."
Früherkennung erhöht Heilungschancen
Bei Diagnosestellung vor dem 6. Lebensjahr ist bei guter Therapie eine
Heilungschance von 70-80% bis zur Pubertät gegeben. Wird die Diagnose nach
dem 6. Lebensjahr gestellt, gesunden nur noch rund 50% der Kinder. Ab dem
11./12. Lebensjahr kann man nur mehr bei 20-40% der Kinder von einer
kompletten Genesung ausgehen.
Auslöser können neben der erblichen Veranlagung Infektionen wie etwa Scharlach sein. Bei den häufigeren, so genannten reaktiven Formen verschwinden die Symptome oft schon nach 6-8 Wochen wieder und verursachen keine Gelenksveränderungen. Bei 10-15% der 150-200 Kinder, die pro Jahr neu erkranken, gehen die rheumatischen Beschwerden allerdings in eine chronische Verlaufsform über.
"Die beschriebenen Anzeichen müssen unbedingt ernst genommen werden",
appelliert auch Margit Walch, Vorstandsmitglied der ÖRL und selbst Mutter
von zwei Rheumakindern an Eltern und Ärzte. "Probleme beim Anziehen, Essen
und sonstigen alltäglichen Bewegungen dürfen nicht als Faulheit oder
Ungezogenheit missinterpretiert oder auf das Wachstum geschoben werden. Denn das Warten auf Besserung kann dramatische Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder haben."
Wird nicht rechtzeitig behandelt, kommt es zu bleibenden Gelenksschäden mit
Knorpel- und Knochendefekten, Fehlstellungen bis hin zum Verlust der
Bewegungsmechanik. Oft werden auch innere Organe oder die Netzhaut der Augen geschädigt. Die Behandlung des kindlichen Rheumas sollte daher von einem erfahrenen Kinderarzt mit dem Zusatzfach Rheumatologie durchgeführt werden.
"Die Therapie fußt auf den beiden Säulen Bewegung und Medikation. Bewegung
wirkt der Muskel- und Sehnenverkürzung entgegen und stellt die Beweglichkeit
wieder her. Die medikamentöse Therapie bremst die Entzündung und lindert
Schmerzen", erklärt Kaulfersch.
Eltern als Co-Therapeuten
Die Eltern tragen wesentlich zum Erfolg der Behandlung bei. Sie erkennen die
Symptome, können ihren Kindern die Notwendigkeit der Maßnahmen begreiflich
machen, wiederholen die Gymnastik-Übungen zuhause und sie binden das soziale Umfeld ein und erreichen so mehr Verständnis für das Kind.
"Die Diagnose 'Rheuma' ist für Eltern zunächst ein Schock", sagt Walch. "Es
ist sehr schwer mitanzusehen, wie die eigenen Kinder leiden. Zur seelischen
Belastung kommen noch finanzielle, organisatorische und zeitliche hinzu. Um
Eltern in Zeiten der Hilflosigkeit, Verzweiflung und Verunsicherung zu
unterstützen, habe ich vor zwei Jahren eine Eltergemeinschaft gegründet. Ich
gebe meine Erfahrungen im täglichen Umgang mit der Erkrankung weiter,
informiere über die Leistungen der Krankenkassen und die Zuständigkeiten von
Behörden, habe Adressen spezialisierter Kinderfachärzte und noch vieles
mehr."
© medizin.at / Pressebüro Stohlmann