artikel nr: 3422

zurück zur übersicht
gesundheit | wissenschaft | hintergrund


„Hören? Ja. - Verstehen? Leider nein!“

„Den Nachrichtensprecher verstehe ich, weil der spricht deutlich. Bei Filmen habe ich aber schon Schwierigkeiten.“ Eine typische Aussage eines Menschen, der an einer ‚Schwerhörigkeit im Alter’ leidet. Hör- und Sehvermögen lassen bereits ab dem 20. Lebensjahr (vorerst unmerklich) nach. In der Gruppe der 70jährigen hört nur noch jede/r Dritte gut.

In Österreich sind 6,4 % der Bevölkerung - 456.000 Personen - hörbeeinträchtigt, wobei Schwerhörigkeit an beiden Ohren am häufigsten vorkommt. 9.100 Personen sind an beiden Ohren vollständig taub. (Aus: „Doktor in Wien“, Nr. 3, März 2003).

Hörstörungen können verschiedene Ursachen haben: Hörstörungen können z.B. - angeboren sein,
- durch Verletzungen (zB. Schädelbasisbruch),
- akute Infekte
- chronische Mittelohrentzündungen
- Durchblutungsstörungen
- Tumore oder
- jahrelange Lärmeinwirkung durch Umwelt, Beruf oder den Konsum lauter Musik entstehen.

„Rechzeitige medizinische Abklärung ist unbedingt anzuraten, um gefährliche Ursachen rechtzeitig erkennen bzw. ausschließen zu können. Abhängig von der Ursache gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die von Medikamenten über Operationen bis zur Versorgung mit Hörgeräten reichen,“ erklärt Prim. Univ. Prof. Dr. Renate Türk.

Nur nicht dem Hörverlust zusehen!
Bereits bei den ersten Anzeichen einer Schwerhörigkeit sollte ein Hals- Nasen-Ohrenfacharzt aufgesucht werden. Der Patient erfährt, ob die Ursache seiner Schwerhörigkeit eine akute Erkrankung ist – meist mit Medikamenten zu behandeln, oder ob ein operativer Eingriff beschädigte Teile des Mittel- und Innenohrs wiederherstellen kann. Wenn weder Medikamente die Symptome lindern noch eine Operation das Hören spürbar verbessert, helfen Hörgeräte.

Hörgeräte sind kleine Wunder
Ein Hörgerät ist ein technisch und akustisch hochwertiges Präzisionsgerät, das individuell an die Hörminderung des Patienten angepasst wird. Nach erfolgter Eingewöhnungszeit ist die regelmäßige Verwendung des Hörgerätes entscheidend. Liegt nur eine geringgradige Schwerhörigkeit vor oder besteht die Schwerhörigkeit erst seit kurzem, ist der Gewöhnungsprozess meist völlig unproblematisch. Je länger die Hörminderung besteht, desto mehr Zeit ist nötig, sich wieder an besseres Hören zu gewöhnen. Aus diesem Grund ist eine rechtzeitige Anpassung eines Hörgerätes für die Betroffenen von großer Bedeutung! Es ist auch möglich, Hörgeräte ein bis zwei Wochen kostenlos auszuprobieren.

Die Funktionen des Hörens Hören ist wesentlicher Teil der menschlichen Kommunikation und hat folgende Funktionen: - Informationsaufnahme („Hören nicht abschaltbar“, auch im Schlaf, unbewusst...) - Warnung und Alarmierung (unbekannte Geräusche, Alarmanlagen,...) - Aktivierung (durch Gehörtes, Anregung zum Denken, Kreativität, Gedächtnis,...) - Orientierung (Richtung, Entfernung, Erkennen von Stimmen,...) - Kommunikation (ohne Hören gibt es kein Sprechen) - Soziale Funktion (Kontakte, Eingliederung,..) - Emotionale Wahrnehmung (alles Gesprochene enthält einen Informations- und einen Stimmungsanteil)

Eine Hörminderung hat viele Folgen
Eine nicht behandelte Hörminderung bedeutet eine starke Belastung für Betroffene und Angehörige. Die Folgen sind sozialer Rückzug, Konflikte in der Familie oder gar Erkrankungen wie Depressionen oder psychosomatische Erkrankungen. Gerade ältere Menschen müssen sich um erfolgreiche Kommunikation mit der ‚schnellen, modernen’ Welt der Medien und im privaten Bereich (Kinder und Enkel) bemühen – eine Hörminderung erschwert dieses Engagement so massiv wie unnötig.

Hinter einer vermeintlichen Hörstörung können sich gravierende Erkrankungen wie Tumoren, schwere Entzündungen, Erkrankungen des Gehirns (zB. Multiple Sklerose) oder Stoffwechselerkrankungen verbergen. Rechtzeitige Abklärung und Behandlung kann lebensrettend sein!

Auch Kinder sind betroffen!
Sind die Hörfunktionen gestört, treten schon bei Neugeborenen und Kleinkindern, anfangs oft unbemerkt, andere Störungen hinzu. Nicht nur die Sprachentwicklung bleibt beeinträchtigt, auch Verhalten, Persönlichkeit, soziale Eingliederung, Lernen und Intelligenzsentwicklung können empfindlich gestört sein. Auch schlechte Leistungen in der Schule oder Auffälligkeiten im Verhalten sind oft auf eine nicht erkannte Hörstörung zurückzuführen. Gerade hier ist eine fürhzeitige Erkennung und Behandlung nötig, da sonst nicht mehr korrigierbare Probleme auftreten können.

Autorin: Prim.Univ.Prof. Dr. Renate Türk, Vorstand der HNO-Abteilung des SMZ- Ost Donauspital
Schwerpunkte der Tätigkeit:
Breite operative Tätigkeit (besonders Ohrchirurgie, Speicheldrüsen, Nasennebenhöhlen)Schwerhörigkeit bei Kindern und Erwachsenen
Nach 16 Jahren Tätigkeit an der I. HNO Univ.Klinik Wien, seit 1993 Vorstand der HNO-Abtg. des SMZ-Ost Donauspitals. (Privatordination im Donauspital)


© medizin.at / Fischill