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Den Frühling ungetrübt wahrnehmen

Schon bisher waren Patienten mit Grauem Star meist sehr zufrieden, wenn ihre trüb gewordene, natürliche Linse durch eine glasklare Kunstlinse ersetzt worden war. Mit einem neuen Linsentyp kann das Sehvermögen nochmal deutlich verbessert werden. In Österreich kommt die neue Intraokularlinse soeben auf den Markt.

Stellen Sie sich vor, Sie könnten diesen Artikel nur mit Lesebrille und Lupe unter einer strahlend hellen Lampe lesen, oder Sie würden sich bei Dämmerung und Dunkelheit nicht mehr auf die Straße wagen, weil Sie die Bordsteinkante nicht mehr sicher erkennen und weil Sie vom Licht der Straßenbeleuchtung, der Geschäfte und Autos geblendet werden. Stellen Sie sich vor, Sie hätten Grauen Star.

Der Graue Star ist eine Krankheit, bei der sich die ursprünglich klare Linse des Auges allmählich zu trüben beginnt. Unbehandelt führt der Graue Star zur Erblindung. Dennoch gibt es nur wenige Krankheiten, die so gut behandelbar sind wie diese; der Eingriff ist für geübte Augenchirurgen Routine: Innerhalb weniger Minuten kann der Operateur die trüb gewordene, natürliche Linse des Auges entfernen und stattdessen eine hochwertige Kunstlinse (Intraokularlinse, IOL) einsetzen.

Mangelnder Kontrast - verringerte Sicherheit

Ein Aspekt, der bis vor kurzem bei der Weiterentwicklung dieser künstlichen Linsen nicht befriedigend berücksichtigt werden konnte, ist die sog. "sphärische Aberration" (Brechungsstörung). Sie führt zu einem Abbildungsfehler auf der Netzhaut, weil die Lichtstrahlen, die durch den Randbereich rund-konvexer Linsen fallen, nicht punktgenau gebündelt werden. Das Resultat ist ein Mangel an Kontrastsehen - trotz allgemein befriedigender Sehschärfe ist dadurch das Sehvermögen nicht optimal. Kontraste können nicht ausreichend wahrgenommen werden, wodurch sich z.B. im Straßenverkehr - insbesondere bei schwierigen Lichtverhältnissen wie Gegenlicht, Dämmerung oder Dunkelheit - ein auf die Fahrbahn springendes Kind aus einigen Metern Entfernung nicht von der Umgebung unterscheiden lässt. Mangelnde Tiefenschärfe kann zudem zur falschen Einschätzung von Distanzen führen, was für viele Betroffene große Probleme bei alltäglichen Tätigkeiten bringt - zB beim Treppensteigen.

Zu solchen Brechungsstörungen am menschlichen Auge kommt es sowohl an der Hornhaut als auch an der Augenlinse. In der Jugend kann die sphärische Aberration durch die natürliche Augenlinse noch ausgeglichen werden. Diese verliert jedoch im Laufe der Zeit ihre Korrekturfähigkeit. Damit ist im Alter - auch ohne Grauen Star - die Kontrastwahrnehmung herabgesetzt.

Für die Herstellung hochwertiger optischer Geräte werden längst entsprechend korrigierte Linsenformate verwendet - bisher aber nicht bei Kunstlinsen. Dadurch sehen Patienten, die mit einer herkömmlichen Intraokularlinse versorgt wurden, meist nicht so kontrastreich wie gesunde, junge Menschen.

Innovative Technik für noch besseres Sehen

Mit der innovativen Tecnis®-Linse steht den österreichischen Augenärzten nun erstmals eine faltbare Intraokularlinse zur Verfügung, die den Betroffenen weitgehend das Kontrastsehen ihrer Jugend zurück geben kann: Durch eine spezielle Oberflächengestaltung auf der Vorderseite dieser Kunstlinse wird die sphärische Aberration verringert. Patienten erhalten nicht nur wie schon bisher ihre Sehschärfe zurück, sondern können auch Hell-Dunkel-Kontraste besser wahrnehmen. Das erleichtert das Sehen vor allem unter ungünstigen Lichtverhältnissen - in der Dämmerung, bei Nacht oder Gegenlicht im Straßenverkehr, bei geringer Zimmerbeleuchtung oder bei Kerzenschein im Wohnbereich, beim Lesen und Schreiben. Das bessere Kontrastsehen kann sich auch auf das räumliche Sehen und die Tiefenschärfe und damit auf die korrektere Einschätzung von Distanzen auswirken.

Gute Erfahrungen in Deutschland

Professor Ulrich Mester, Leiter der Augenklinik Sulzbach an der Saar in Deutschland, wo die Tecnis®-Linse seit Sommer 2002 auf dem Markt ist, hat bereits zwei Studien mit der neuen Linse durchgeführt: "Das Kontrastsehen ist bei Patienten, die die Tecnis®-IOL erhalten haben, im Vergleich zu Patienten mit herkömmlichen Kunstlinsen deutlich besser - sowohl bei Tag, vor allem aber unter schlechten Lichtbedingungen. Ich bin nach unseren Untersuchungsergebnissen überzeugt, dass diese Intraokularlinse für die meisten Patienten mit Grauem Star einen Gewinn darstellt. Deshalb setzen wir sie in unserem Krankenhaus routinemäßig bei allen Patienten ein, außer es bestehen medizinische Kontraindikationen."

Von der verbesserten Sehqualität profitieren fast alle Patienten. "Besonders schätzen wir den neuen Sehkomfort bei Kraftfahrern, aber auch bei allen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad in Dämmerung und Dunkelheit unterwegs sind. Die neue IOL gibt auch mehr Sicherheit in dunklen Hausfluren oder beim nächtlichen Zurechtfinden in den eigenen vier Wänden und überall dort, wo die Lichtverhältnisse nicht optimal sind, wo man nicht in hellem Licht arbeitet oder liest", so der Experte. __________

Grauer Star: weltweit 3 Millionen Operationen pro Jahr

Unter "Grauer Star" oder einer "Katarakt" versteht man die Trübung der natürlichen Augenlinse. Die Durchsichtigkeit der normaler Weise glasklaren Linse ist beeinträchtigt, man sieht wie durch einen Schleier. In den meisten Fällen gehört dieser Vorgang genau so wie das Ergrauen der Haare oder die Falten-Bildung der Haut zum normalen Alterungsprozess. Es gibt viele verschiedene Formen des Grauen Stars. Allen gemeinsam ist, dass zumindest ein Teil der Augenlinse trüb wird.

Grauer Star kann derzeit nicht medikamentös behandelt werden. Die einzige wirksame Therapie ist eine einfache und meist unkomplizierte chirurgische Entfernung der natürlichen Augenlinse und das Einsetzen einer Kunstlinse. Die Katarakt-Operation zählt heute zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen überhaupt. Jährlich werden weltweit etwa drei Millionen solcher Operationen durchgeführt.


© medizin.at / Pressebüro Stohlmann