Forderung nach Neubewertung von Fettleibigkeit angesichts 1,7 Mrd. Übergewichtiger
Bereits 1 von 16 Frauen in den USA leidet an "Super-Fettleibigkeit"... Angesichts neuer Untersuchungsergebnisse, denen zu Folge bis zu 1,7 Mrd. Menschen weltweit an Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas) leiden, müssen die Methoden zur Bekämpfung von Adipositas überdacht werden, warnt ein führender Experte.
Schätzungen des Weltgesundheitsberichts 2002 zufolge stehen 2,5 Millionen Todesfälle jährlich mit Gewichtsproblemen in Zusammenhang. Bis zum Jahr 2020 rechnet man mit einer Zunahme auf 5 Millionen. Die Anzahl der direkt mit Adipositas in Zusammenhang stehenden jährlichen Todesfälle in Europa veranschlagt man auf 320.000, die in den USA auf mehr als 300.000.
Laut Prof. Philip James, dem Vorsitzenden der International Obesity TaskForce (IOTF) mit Sitz in London, bedeuten diese um 50 % über den Schätzungen liegenden neuen Zahlen, dass eines der größten Gesundheitsrisiken für die Weltbevölkerung von den meisten Regierungen einfach ignoriert wird.
Die aktualisierte Schätzung berücksichtigt die neue Empfehlung einer WHO-Expertengruppe, die zu dem Schluss kommt, dass die mit Adipositas verbundenen Gesundheitsrisiken bei Asiaten vor allem wegen deren spezieller Empfindlichkeit gegen Gewichtsbeschwerden bereits bei einer niedrigeren Body-Mass-Indexschwelle (BMI) zu steigen beginnen. Falls der Vorschlag als neuer Maßstab angenommen wird, müssten die gegenwärtigen Schätzungen über den Anteil der Übergewichtigen an der Weltbevölkerung um bis zu einer weiteren halben Milliarde angehoben werden.
Bei seinem Vortrag auf dem von Roche gesponserten Symposium internationaler Adipositas-Spezialisten in Monte Carlo führte Prof. James aus, dass zur Bekämpfung von Adipositas nur selten eine angemessene medizinische Behandlung durchgeführt wird, obwohl es klar erwiesen ist, dass selbst eine moderate Gewichtsabnahme und verbesserte Gewichtskontrolle Vorteile für den Gesundheitszustand der einzelnen Person wie auch langfristige Kosteneinsparungen bringt. Letztere entstehen vor allem durch die Abnahme oder Verhinderung ernsthafter Begleiterkrankungen wie Diabetes 2, Herzkrankheiten oder gewisse Formen von Krebs. -2
IOTF, eine Teilorganisation der International Association for the Study of Obesity (Internationale Gesellschaft zur Studie von Adipositas), führt im Rahmen eines WHO-Programms Langzeituntersuchungen über Adipositas und die globale Belastung durch diese Krankheit durch. Bestehende Schätzungen lassen erkennen, dass bereits mehr als 1,1 Mrd. Menschen in die Kategorien übergewichtig bzw. fettleibig einzustufen sind, wenn man die klassischen WHO-Definitionen anlegt. Diese definieren Übergewicht bei einem BMI von 25 und darüber, und Adipositas bei einem BMI ab 30.
Der Vorschlag der WHO-Expertengruppe, zu deren Mitglieder Prof. James zählte, stützt sich auf Erkenntnisse, denen zu Folge das Risiko von Erkrankungen in Verbindung mit Adipositas bei Asiaten bereits ab einem BMI von 23 anzusteigen beginnt.(3) Obwohl es keine offizielle Empfehlung für die Annahme dieser Zahl als Referenzwert für Übergewichtigkeit bei Asiaten gibt, wird sie doch als ein Punkt betrachtet, der eine größere Korrektur der Ansätze in den asiatischen Subregionen erfordern würde. Dort, so schätzt die IOTF, weist bereits jetzt ein erheblicher Teil der Bevölkerung von 3,6 Mrd. einen durchschnittlichen BMI von 23 auf. (4)
Prof. James, früherer Vorsitzender der UN-Kommission für Ernährungsprobleme im 21. Jahrhundert, wies auf zunehmende Indikatoren hin, dass die Belastung des allgemeinen Gesundheitsniveaus durch die eskalierende Adipositas-Epidemie bald höher sein könnte als die durch das Rauchen verursachten Effekte. "Im Zusammenhang mit Adipositas existiert ein breites Spektrum an Risikofaktoren, die in ihrer Gesamtheit betrachtet enorme Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Wenn wir Übergewicht mit verbesserten Ernährungsgewohnheiten, einem höheren Maß an körperlicher Betätigung und durch bessere Behandlung bekämpfen, können wir weitreichende positive Effekte auf eine bereits jetzt ungeheure Gesundheitsbelastung durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes 2 erreichen.."
"Es ist unbestritten, dass die Extremformen der Adipositas sogar noch stärker wachsen als die Epidemie insgesamt. Vor unseren Augen entwickelt sich eine wirkliche Gesundheitstragödie. In den USA hat sich der Prozentsatz von schwarzen Frauen mit krankhafter Adipositas - einem BMI von 40 oder höher - in weniger als einem Jahrzehnt auf beunruhigende 15 % verdoppelt. Insgesamt leiden 6,3 % der Frauen in den USA - also 1 von 16 - an krankhafter Adipositas."
"Ebenso registrieren wir einen raschen Anstieg der krankhaften Adipositas in Europa, wenn auch mit niedrigeren Prozentzahlen. Die Daten für England zeigen, dass die Anzahl der Frauen mit krankhafter Adipositas in weniger als einem Jahrzehnt um 180 % gestiegen ist, während sich die der Männer verdreifacht hat! Gegenwärtig weist 1 von 40 Frauen in England einen so hohen BMI auf, dass ihre Adipositas unzweifelhaft sofort behandelt werden müsste, aber wie vielen wird tatsächlich geholfen?" so die Frage von Prof. James.
Prof. Arne Astrup, neu gewählter Präsident der IASO, führte aus: "Wir haben eine globale Adipositas-Epidemie, welche die Prognosen des explosionsartigen Anstiegs nicht ansteckender Krankheiten in den nächsten 20 Jahren untermauert. Wir müssen unbedingt einen ernsthafteren Ansatz zur Behandlung der enormen Anzahl fettleibiger Menschen finden und gleichzeitig wirkungsvolle Maßnahmen einführen, die eine Verschlimmerung des Problems verhindern."
Die International Association for the Study of Obesity repräsentiert etwa 10.000 Experten in den Bereichen Medizin, Gesundheit und Wissenschaft aus 44 Ländern und freut sich, das Symposium in Monte Carlo in Partnerschaft mit Roche durchführen zu können.
Literaturquellen
1 - Lancet, Band 360, 20. Juli 2002
2 - Obesity: Preventing and Managing the Global Epidemic. WHO Technical Report Series 894 - 2000
3 - Obesity Reviews, Bd. 3 Ausgabe 3, August 2002
4 - International Obesity TaskForce - Global Burden of Disease (WHO/Harvard im Druck 2003)
© medizin.at / prnewswire