Chip als Hirnprothese?
Mit einer künstlichen Herzklappe leben, mit einem künstlichen Unterschenkel Marathon laufen, dies alles ist bereits seit langem Alltag. Aber mit einem künstlichen Hirn denken? Unmöglich. Oder? Amerikanische Forscher haben nun einen Chip entwickelt, die jenes Areal des Gehirns ersetzen können soll, das für die Gedächtnisleistung zuständig ist.
Die von Theodore Berger am "Center for Neural Engineering" an der University of Southern California entwickelte neurotechnologische Prothese soll die Funktion des Hippocampus übernehmen. Das nach Meinung des Wissenschafters besterforschte Gehirnareal liegt im Temporallappen unterhalb des Cortex und ist von zentraler Bedeutung für die Speicherung von Informationen, also für das Gedächtnis.
Ist die Leistungsähigkeit des Hippocampus beeinträchtigt, treten Schwierigkeiten bei der Integration neuer Informationen in das Gedächtnis auf - ein Umstand, der laut Berger die Experimente mit diesem Gehirnareal interessant und relativ unproblematisch macht. Denn die Auswirkung von Experimenten sei gut erkennbar und auch Probleme nicht schwerwiegend: "Verliert man seinen Hippocampus, so verliert man lediglich das Vermögen, neue Erfahrungen zu speichern."
"Lediglich" kann allerdings als Ausdruck etwas kurzgreifender Beurteilung vertsanden werden, ist doch in diesem Zusammenhang von Interesse, daß auch die Gesichtserkennung und die Orientierung im Raum ohne Hippocampus unmöglich sind.
Insoferne ist an humanmedizinische Experimente nicht zu denken - auftretende Probleme würden wohl kaum mit der Tatsache wettgemacht, daß sich die Betroffenen an unangenehme Erfahrungen mit Mitmenschen oder dem Raum ohnehin nicht mehr erinnern könnten...
Zudem mag stimmen, daß der Hippocampus gut erforscht ist, jedoch ist noch nicht bekannt, wie die Informationen von ihm gespeichert werden. Daher wurde der Hippocampus von Ratten zerlegt und elektrisch stimuliert, um analysieren zu können, wie Informationszufluss und -speicherung zusammenhängen.
Das so entstandene mathematische Modell wurde in einem Chip umgesetzt, der über Ein- und Ausgang verfügend den Hippocampus überbrücken soll.
Der Chip wird nun an Ratten und später an Affen getestet werden, die für Gedächtnisleistungen trainiert wurden.
© medizin.at