Lymphknoten-Entfernung: Nutzen oder Schaden?
Die Entfernung des einem Tumors nächstliegenden Lymphknotens ist bei schwarzem Hautkrebs und Brustkrebs geübte Praxis. Nun untersuchen deutsche Wissenschafter, ob dies uneingeschränkt sinnvoll ist. Die Deutsche Krebshilfe fördert das immunologische Forschungsprojekt.
In dem so genannten Wächterlymphknoten setzen sich die ersten Absiedlungen des Krebses fest. Das entnommene Gewebe gibt Aufschluss darüber, ob sich der Tumor bereits im Körper ausbreitet und Metastasen bildet. Doch die Entfernung des Lymphknotens kann möglicherweise auch die körpereigene Immunabwehr gegen die Krebszellen beeinträchtigen.
Wissenschaftler der Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Universität Würzburg unter Leitung von Dr. Jürgen Becker wollen jetzt am Beispiel des schwarzen Hautkrebses untersuchen, ob die klassische operative Vorgehensweise tatsächlich immer nützlich ist.
Ein Tumor breitet sich im Körper aus, indem er seine bösartigen Zellen über
das Blut- und das Lymphsystem auf die unheilvolle Reise schickt. Dies macht
den Tumor so gefährlich. Das maligne Melanom, auch schwarzer Hautkrebs
genannt, ist ein bösartiger Tumor, der seit Jahren an Häufigkeit zunimmt.
"Bis jetzt ist es leider noch nicht gelungen, eine für die Mehrzahl der Patienten erfolgreiche Behandlung zu entwickeln, sobald es zu Tumorabsiedlungen im Körper gekommen ist", sagt Dr. Becker. Sein Forscherteam arbeitet an einem von der Deutschen Krebshilfe geförderten Projekt zur Untersuchung der körpereigenen Abwehr des schwarzen Hautkrebses.
Auf dem Weg durch den Körper ist der Lymphknoten, der dem Tumor am nächsten liegt, die erste Zwischenstation der Krebszellen. Um möglichst genau
festzustellen, ob sich die Krebszellen bereits auf ihrer lebensbedrohlichen Reise durch den Körper befinden, wird in der Regel dieser so genannte Wächterlymphknoten untersucht. Dazu muss der Lymphknoten operativ entnommen werden.
Die Wissenschaftler wollen überprüfen, ob die Entfernung des Lymphknotens
die natürliche Abwehr gegen den Tumor beeinträchtigt oder sogar verhindert.
Denn in den lymphatischen Geweben werden spezifische Abwehrreaktionen gegen Krankheitserreger - und auch gegen Krebszellen gebildet. Die körpereigene Abwehrreaktion reicht jedoch in den meisten Fällen nicht aus, um das Krebswachstum zu verhindern.
Das Forscherteam möchte die im Wächterlymphknoten ablaufenden
Immunreaktionen detailliert untersuchen. Es soll überprüft werden, ob sich in diesem Lymphknoten auch spezifische Abwehrzellen gegen das maligne Melanom befinden.
"Diese Informationen sind wichtig, um abzuschätzen, ob die Entfernung des Wächterlymphknotens negative Auswirkungen auf die immunologische Abwehr des Tumors hat", erklärt Dr. Becker. "Wir hoffen, durch die Untersuchungen nicht nur die körpereigene Abwehrreaktion gegen bösartige Tumorzellen besser zu verstehen, sondern auch Hinweise zu finden, wie die Immunabwehr so weit gefördert werden kann, dass der Körper das Wachstum von Tumoren besser kontrollieren kann", erläutert der Mediziner. Dies sei von großer klinischer Relevanz, um eine bessere Behandlung für Tumorpatienten entwickeln zu können.
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