Nach Bypass-Operation: Neuer Lebensstil nötig
Wenn ein Herzkranzgefäß verkalkt ist, kann dem Patienten mit einer Bypass-Operation geholfen werden. Doch die eigentliche Ursache der Erkrankung ist nach diesem Eingriff nicht beseitigt. Insbesonders Patienten mit starker Häufung von Risikofaktoren werden auch nach der Operation gefährdet bleiben.
An der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie der Uni Würzburg wurde darum ein besonderes Projekt gestartet: Es soll die Patienten dabei unterstützen, nach der Operation die Risikofaktoren für die Gefäßverkalkung abzubauen.
Die landläufig als Verkalkung bezeichnete Verengung oder gar totale
Verstopfung der Blutgefäße entsteht aus vielerlei Gründen: Bluthochdruck, zu
viel Cholesterin und Fett im Blut, Diabetes, Übergewicht, Stress. Wenn diese
Risikofaktoren nach einer Bypass-Operation bestehen bleiben, schreitet die
Gefäßverkalkung natürlich weiter voran. Auch der Bypass kann dadurch wieder
zerstört werden, und dann ist ein erneuter Eingriff nötig.
"Damit es gar nicht erst so weit kommt, müssen sich die Patienten einen
vernünftigen Lebensstil aneignen", so Klinikdirektor Prof. Dr. Olaf Elert.
Pauschale Ratschläge könne es dabei nicht geben, vielmehr brauche jeder
Patient eine individuelle Betreuung. Dieser Aufgabe widmet sich in der
Würzburger Herz-Thoraxchirurgie, in der jährlich etwa 500
Herz-Bypass-Operationen vorgenommen werden, der Diplom-Psychologe
Jens-Holger Krannich.
Er beurteilt zunächst für jeden Patienten die individuellen Risikofaktoren.
Dabei helfen ihm die Laborwerte, die unter anderem die Konzentration der
Blutfette und des Blutzuckers verraten, sowie ein eigens entwickelter
Fragebogen. Mit diesem ermittelt er das Gesundheits- und
Ernährungsverhalten. Gefragt wird zum Beispiel, ob der Patient raucht, Sport
treibt, wie viel Flüssigkeit er täglich trinkt, ob er seine Cholesterinwerte
kennt und was seiner Meinung nach die Krankheit verursacht hat.
Wenn Krannich sich dann ein Bild gemacht hat, sucht er das Gespräch mit dem
Patienten: "Es muss ihm klar werden, dass nur er selbst es in der Hand hat,
den Bypass offen zu halten." Oft ernähren sich die Betroffenen falsch, haben
dadurch Übergewicht und einen zu hohen Cholesterinspiegel. In solchen Fällen
reicht es dem Psychologen zufolge nicht aus, die Patienten zum Abnehmen zu
ermahnen. Vielmehr müsse er detailliert vermitteln, wie sie dieses Ziel
erreichen können. Zusätzlich bekommen die Patienten einfach verständliche
Informationsblätter und ihre persönlichen Labordaten überreicht: Daran sehen
sie, wie ihre eigenen Werte sich zu den Idealwerten verhalten.
Dieses Motivationsprogramm läuft ab, so lange sich die Bypass-Patienten noch
in der Klinik aufhalten. "Derart unmittelbar einsetzende Erstmaßnahmen zur
Rehabilitation gibt es in Deutschland bislang an keiner anderen Klinik. Da
hat die Herz-Thoraxchirurgie in Würzburg Neuland betreten", wie Krannich
sagt. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt befand das
auf Initiative von Prof. Elert realisierte Projekt für förderungswürdig und
unterstützte es über den Universitätsbund mit 8.000 Euro aus der
IHK-Firmenspende.
Vollendet ist das Motivationsprogramm, das Krannich in Kooperation mit dem
Lehrstuhl für Psychologie I und dem Lehrstuhl für Psychotherapie und
Medizinische Psychologie der Uni Würzburg sowie der Deegenberg-Klinik in Bad
Kissingen entwickelt hat, allerdings noch nicht. Es soll durch Vorträge für
die Patienten erweitert werden. Geplant ist zudem eine spezielle
Vorbereitung auf die Reha-Maßnahmen, die sich in Deutschland für fast alle
Bypass-Operierten an den Klinik-Aufenthalt anschließen.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die wissenschaftliche Auswertung des
Projekts. Damit soll herausgefunden werden, was das Motivationsprogramm
letzten Endes bringt, ob es bei den Patienten tatsächlich eine
zufriedenstellende Verhaltensänderung bewirkt.
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