Lügendetektor "TrusterPro" als extrem unzuverlässig entlarvt
Tatwissen oder nicht? "Genausogut könnte man Münzen werfen" - so die testenden Wissenschafter über das bereits im Alltag eingesetzte Gerät... Eine zuverlässige Entdeckung von Lügen oder Lügnern ist mit Hilfe der Stimmstressanalyse durch den "TrusterPro" nicht möglich. Dies ergaben neue Studien der Abteilung Allgemeine Experimentelle Psychologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Beim "TrusterPro" handelt es sich um ein computergestütztes System zur Aufdeckung von Lügen oder Täuschungen für professionelle Anwender. Das Computerprogramm wird von einer israelischen Firma hergestellt und weltweit zum Preis von rund 5.000 Dollar vertrieben.
Wie die Mainzer Forscher nachgewiesen haben, ist die Trefferquote des
Programms jedoch kaum besser als das Ergebnis beim Wurf einer Münze.
"Wir sind zumindest äußerst skeptisch", kommentiert Dr. Hans-Georg Rill die
jüngsten Untersuchungsergebnisse. "Im Vergleich zu den klassischen Variablen
wie Hautleitfähigkeit, Atmung und Herzschlag ist der Beitrag des TrusterPro
zur Wahrheitsfindung nicht der Rede wert", so Rill.
Die Untersuchungen von Rill und seinem Mitarbeiter Matthias Gamer erfolgten mit Hilfe des so genannten "Tatwissentests", der in der forensischen Psychophysiologie zum Aufdecken einer etwaigen Täterschaft eingesetzt wird: Verdächtige Personen müssen dabei Fragen zum Tatwissen beantworten und werden je nach Körperreaktion als schuldig oder unschuldig eingestuft.
Die Psychologen haben 60 männliche Probanden im Alter zwischen 19 und 56
Jahren untersucht. Die Hälfte sollte zum Schein in einem öffentlich zugänglichen Gebäude Geld und Kreditkarten stehlen. Die andere Hälfte der Teilnehmer hatte ebenfalls bestimmten Aufforderungen nachzukommen, besaß aber kein Detailwissen über den Diebstahl. Bei dem anschließenden Test ergaben Messungen der Hautleitfähigkeit, Atmung und Herzfrequenz eine Gesamttrefferquote von 95 Prozent. Bei den unschuldigen Personen wurden 97
Prozent korrekt identifiziert, d.h. nur eine Person von 30 wurde fälschlicherweise als schuldig eingestuft. Die Täter konnten zu 93 Prozent entlarvt werden.
Völlig anders dagegen fiel das Ergebnis bei der Stimmstressanalyse mit dem
TrusterPro aus: Die Gesamttrefferquote von 57 Prozent liegt nur marginal
über einem Ergebnis von 50 Prozent, welches durch rein zufällige Zuordnung
der Probanden zur Gruppe der Täter bzw. Gruppe der Unschuldigen zu erwarten
wäre.
Das heißt, um Täter zu entlarven oder Unschuldige freizusprechen, könnten die Tester fast genauso gut eine Münze werfen. Der Unterschied zwischen den Ergebnissen bei den physiologischen Reaktionen, also Hautleitfähigkeit, Atmung und Herzfrequenz, einerseits und der Stimmstressanalyse durch TrusterPro andererseits ist jedenfalls eklatant.
Die Ergebnisse der interdisziplinären Mainzer Forschungsgruppe Forensische
Psychophysiologie - unter der Leitung von Prof. Gerhard Vossel und in
Kooperation mit der University of Edinburgh - decken sich mit zwei Studien
aus den USA, die nach Darstellung von Rill ebenfalls "recht
desillusionierende Befunde" erbracht haben.
Dennoch, so der Psychologe, werde das Gerät etwa bei Sicherheitschecks auf Flughäfen angewandt und möglicherweise auch von der Polizei eingesetzt. "Der Glaube, dass der TrusterPro vom israelischen Geheimdienst entwickelt wurde, gibt ihm das entscheidende Flair und wiegt die Kunden in Sicherheit." Eine vermeintliche Sicherheit, wie die Mainzer Ergebnisse zeigen. Ob sich das Gerät unter realen Lebensbedingungen besser bewährt als in den Laborversuchen, sollen weitere Studien zeigen.
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