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Parkinson: Verbesserte Bewegungskontrolle

Morbus Parkinson ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems (ZNS), die vor allem durch Bewegungsstörungen gekennzeichnet ist. Typische Symptome sind Bewegungsverlangsamung, Muskelsteifheit und grobschlägiges Zittern. Anlässlich eines internationalen Neurologiekongresses im Wiener Austria-Center(1) berichteten Experten über neueste Erkenntnisse hinsichtlich therapeutischer Strategien gegen die Parkinsonsche Erkrankung.

Die Parkinson-Krankheit wurde im Jahr 1817 erstmals vom englischen Landarzt James Parkinson als Schüttellähmung beschrieben. Er vermutete, dass eine Erkrankung der Halswirbelsäule für diese Symptome verantwortlich sei. Heute weiß man, dass die Ursache ein Dopamin-Mangel in einem bestimmten Areal des Gehirns ist (der Substantia nigra). Dopamin ist einer der so genannten Neurotransmitter, die die Signale für Bewegungsabläufe übermitteln.

Die Häufigkeit der Erkrankung nimmt mit dem Alter zu. Von den über 60-jährigen leiden 1%, in der Altersgruppe über 80 fast 3% daran. Die Krankheit kann aber auch schon in jüngeren Jahren auftreten. Vor dem 20. Lebensjahr spricht man von juvenilem Parkinson.

Lang und kontinuierlich wirksam
Wesentlich für den Verlauf von Morbus Parkinson sind eine frühzeitige Diagnose und der rasche Behandlungsbeginn. Frühe Symptome sind Akinesien - Bewegungen können nicht schnell genug begonnen, durchgeführte Bewegungen erst zu spät gestoppt werden. Ein weiteres Anzeichen ist erhöhte Muskelspannung, der so genannte Rigor.

Dazu kommt der Tremor, das für Parkinson typische grobe Zittern einer Extremität. Außerdem lassen sich eine typische Körperhaltung mit abgewinkelten Ellenbogen und Beugung in der Hüfte, eine Verminderung der Mimik sowie depressive Verstimmungen beobachten.

Die Behandlung der Parkinson-Erkrankung zielt in erster Linie darauf ab, den Dopamin-Mangel zu kompensieren. Die Substanz L-Dopa galt hier über viele Jahre als Therapeutikum der Wahl. Die L-Dopa-Therapie stößt jedoch nach längerer Therapiedauer an ihre Grenzen. Nach etwa fünf Jahren lässt die Wirkung des Medikamentes nach und die Patienten leiden gehäuft an Schwankungen der Beweglichkeit, so genannten Fluktuationen.

Der Grund für die nachlassende Wirkung und das Auftreten dieser "Wearing-off-Phänomene" unter L-Dopa ist laut neueren Forschungen die quasi stoßweise Stimulierung der Dopamin-Rezeptoren im Gehirn, welche nicht der natürlichen, konstanten Stimulierung entspricht.

Jüngere Therapiestrategien setzen daher auf eine kontinuierliche Stimulierung mittels lang wirksamer Dopamin-Agonisten. Eine klinische Studie hat gezeigt, dass der lang wirksame Dopamin-Agonist mit dem Wirkstoff Cabergolin (für Fachmedien: Cabaseril®) hinsichtlich des Auftretens von Dyskinesien - einer motorischen Komplikation - dem L-Dopa überlegen ist.(2)

Dopamin-Agonisten: in Kombination besser
Doch auch Dopamin-Agonisten können keine Wunder wirken. Parkinson Symptome können bestehen bleiben. Auf Grund möglicher unerwünschter Wirkungen kann die Dosierung dieser modernen Medikamente auch nicht beliebig gesteigert werden. So kamen die Forscher auf die Idee, verschiedene Dopamin-Agonisten in Kombination einzusetzen.

In einer wissenschaftlichen Studie wurde nun nachgewiesen, dass mit der Gabe des lang wirksamen Dopamin-Agonisten Cabergolin zusätzlich zu einer bestehenden Therapie mit einem anderen Dopamin-Agonisten signifikante Verbesserungen der motorischen Symptome erzielt werden können. Wesentlich dabei ist, dass die beiden Präparate über unterschiedliche pharmakologische Profile verfügen.

Dopamin-Agonisten haben bewiesen, dass sie in der Behandlung der Symptome in allen Stadien der Parkinson-Krankheit wirksam sind und motorische Fluktuationen und Bewegungsstörungen effektiv kontrollieren können.

Nächtliche Störungen
Ein wesentliches Problem, das die Lebensqualität von Parkinson-Patienten stark beeinträchtigt, sind Schlafstörungen, die häufig durch die nächtliche Parkinson-Symptomatik ausgelöst werden, sowie psychische Störungen, die mit Fortschreiten der Erkrankung an Häufigkeit und Schwere zunehmen. Diese Störungen können sowohl durch die Krankheit selbst als auch die Therapie verursacht werden.

Daher ist bei der Auswahl des Anti-Parkinson-Medikaments besonderes Augenmerk auf etwaige psychische Nebenwirkungen wie Depressionen, Halluzinationen oder Angstzustände zu legen und gegebenenfalls die Medikation zu ändern.

Hinsichtlich der Schlafstörungen hat eine Studie ergeben, dass rund 43% aller Parkinson-Patienten an einer so genannten REM-Verhaltensstörung(3) leiden. Dabei kommt es im Traumschlaf nicht wie beim Gesunden zu einer Unterdrückung der Muskelspannung, sondern die Träume werden ausgelebt.

Dies kann dazu führen, dass der Partner oder der Erkrankte selbst durch unbewusste Bewegungen verletzt werden. Diese Störung kann jedoch relativ einfach mit einem niedrig dosierten Muskelrelaxans behandelt werden.

Etwa 20% der Parkinson-Patienten leiden unter dem so genannten Restless-Legs-Syndrom (RLS). Das RLS ist ein Krankheitsbild, das in Phasen körperlicher Ruhe auftritt und unter anderem zu ernsthaften Schlafstörungen führen kann. Der Patient verspürt einen unangenehmen Bewegungsdrang, der oft von Schmerzen in den Beinen, Brennen oder Muskelzuckungen begleitet wird.

Nicht alle Parkinson-Patienten leiden an RLS oder umgekehrt. Bei 60 bis 80% aller RLS-Patienten ist keine unmittelbare Ursache für das Syndrom zu erkennen - man spricht hier von einem "idiopathischen RLS".

"Bis vor wenigen Jahren dachte man, RLS sei sehr selten", berichtete Prof. Diego García-Borreguero von der Abteilung für Neurologie der Jiménez Díaz-Stiftung in Madrid beim EFNS-Kongress in Wien: "Das ist falsch: Jüngere epidemiologische Untersuchungen zeigen eine Häufigkeit von 5 bis 11 % in der Allgemeinbevölkerung der westlichen Gesellschaften. Über 65 steigt die Häufigkeit auf 20 bis 25 % an."

Es gibt wissenschaftliche Hinweise darauf, dass am RLS genetische Faktoren beteiligt sind. Rund die Hälfte der RLS-Patienten berichten, dass zumindest ein naher Verwandter unter den gleichen Symptomen leidet. Einem Forscherteam ist es kürzlich gelungen, in einer großen betroffenen Familie einen bestimmten Ort auf einem Chromosom zu lokalisieren, der an der Entstehung des RLS beteiligt sein könnte. So wie die Parkinson-Erkrankung spricht auch das idiopathische RLS auf Grund des bestehenden Dopamin-Mangels meist gut auf eine Therapie mit Dopamin-Agonisten an.

Bericht: Mag. Harald Leitner, Pharmacia

Quelle: Current Challenges in Parkinson´s Disease and Restless Legs Syndrome: Insights into Disease Management and Therapeutic Strategies. Pharmacia-Satellitensymposium anlässlich des 6th Congress of the European Federation of Neurological Societies, 29.10.2002 in Wien. __________

Fußnoten: (1) 6th Congress of the European Federation of Neurological Societies (EFNS), 26.-29.10.2002 in Wien (2) Rinne UK, Bracco F, Chouza C et al, Early treatment of Parkinson's disease with cabergoline delays the onset of motor complications: results of a double-blind levodopa controlled trial, Drugs 1998; 55 (suppl 1): 23-30. (3) REM Sleep Behaviour Disorder (RBD) __________


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