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Rückschlag der Stammzellenforschung

Weltweit treiben Wissenschaftler die Stammzellforschung voran. Ihre Vision ist der Ersatz von zerstörten Zellen und Geweben im menschlichen Organismus. Doch die Forschung mit so genannten embryonalen Stammzellen ist Gegenstand kontroverser Debatten.

Das Knochenmark enthält eine Vielzahl von Stammzellen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Man nahm bislang an, daß diese sich nicht nur zu Blutzellen, sondern auch zu Zellen anderer Gewebearten entwickeln können: Knochen- und Knorpelzellen, Sehnen-, Muskel- und Leber- sowie Nervenzellen.

Diese Fähigkeit nennt man Transdifferenzierung. Aufgrund dieser Pluripotenz gelten die adulten Blutstammzellen daher als besonders große Hoffnung und die Forschung mit solchen adulten Stammzellen wäre - vor allem unter ethischen Aspekten - die beste Lösung.

Forscher der Universität Stanford haben nun, wie Science berichtet, Mäusen, deren Rückenmark durch radioaktive Strahlung zerstört wurde, eine einzelne Blutstammzelle injiziert.

Diese mit fluoreszierenden Proteinen markierte und vereinzelte Stammzelle bildete jedoch nur Blut und Immunzellen aber keine anderen Gewebe. Unter mehr als 15 Millionen untersuchten Muskel-, Gehirn-, Leber-, Nieren-, Darm-, und Lungenzellen fanden sich nur eine Gehirnzelle und sieben Leberzellen, die grün fluoreszierten. Selbst wenn diese Zellen von der adulten Stammzelle gebildet wurden, ist die Anzahl dennoch zu gering, um einen therapeutischen Effekt zu haben.

In einem anderen Experiment untersuchten die Forscher, ob die adulte Stammzelle Darmzellen ersetzen kann, wenn der Darm durch Strahlung zerstört wurde. Nach einigen Wochen war das zerstörte Darmgewebe zwar ersetzt worden, doch keine der Zellen fluoreszierte. Auch diese Zellen stammten also nicht von der Blutstammzelle ab.

Diese Ergebnisse bedeuten sicher nicht das Aus für die Forschung an adulten pluripotenten Blutstammzellen, der Weg bis zur Entwicklung darauf basierender Therapien dürfte jedoch noch ein längerer sein. Die näherliegenden Hoffnungsträger und idealen Stammzellen für Zelltherapien scheinen also - zur Vermeidung von Abstoßungsreaktionen - körpereigene, aber organspezifische Stammzellen zu sein.

Quelle:
Science: Published online September 5, 2002
Little Evidence for Developmental Plasticity of Adult Hematopoietic Stem Cells
Amy J. Wagers, Richard I. Sherwood, Julie L. Christensen, Irving L. Weissman


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