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Kleinere und preiswertere Tabletten sind doch möglich...

Tabletten sind einfach zu dosieren und auch leichter zu verabreichen als z.B. Injektionen. Doch viele Pillen verursachen Schluckbeschwerden. An der Universität Bonn wurde ein Verfahren entwicklet, das es erlaubt, von vielen Arzneien wesentlich kleinere Tabletten herzustellen, als bislang möglich war - und das bei deutlich geringeren Kosten und höherer Qualität.

Bisher werden die Ausgangsstoffe einer Tablette in einem Kessel gründlich vermengt und schließlich zu einem Granulat getrocknet, aus dem eine Hochgeschwindigkeits-Presse die Pille formt. Damit diese nicht schon bei der Verpackung zerbröselt, sich in Wasser oder Magensäure aber löst, muß das Granulat eine genau definierte Porosität haben, die sich mit dem herkömmlichen Verfahren aber relativ schwer beeinflussen läßt.

Mit der neuartigen Maschine geht das einfacher. "Das Gerät verknetet die Festbestandteile unter Zugabe von Flüssigkeit zu einer feuchten Rohmasse", erklärt Prof. Steffens. "Dazu geben wir dann Stickstoff mit einem Druck von bis zu fünf bar, der sich in Form von kleinen Bläschen in der Rohmasse verteilt."

Dieser feuchte "Pillenteig" wird von der Maschine in einen Mikrowellen-Trockner geschoben, in dem nahezu Vakuum herrscht. "Dabei dehnen sich die Stickstoffbläschen schlagartig aus - ähnlich, wie wenn man eine Mineralwasserflasche öffnet, bei der dann ja auch das Kohlendioxid ausperlt."

Das getrocknete poröse Granulat kann von herkömmlichen Tablettenpressen weiter verarbeitet werden. Mit dem Druck des zugegebenen Stickstoffs läßt sich auf einfache Weise die Porosität variieren. "Außerdem kann das Gerät schlecht benetzbare Rohstoffe, wie sie in vielen modernen Medikamenten eingesetzt werden, in sehr hohen Konzentrationen verarbeiten."

Mit positiven Folgen für Patienten und Hersteller: Die kleineren Tabletten lassen sich leichter einnehmen und verursachen weniger Lager- und Transportkosten. Zudem ist die Qualität meist besser als bei herkömmlichen Methoden, weil die für ausreichend feste Tabletten nötigen Bindemittel erheblich besser mit den Ausgangsmaterialien vermischt werden und man daher mit weniger "Klebstoff" auskommt. Die Wirkstoffe können sich schneller auflösen - die Wirkung setzt schneller ein.

Ein weiterer Vorteil: Bislang war es nur möglich, die Ausgangsstoffe in einzelnen Chargen zu verarbeiten - der Granulierkessel wurde gefüllt, und dann hieß es zunächst einmal warten. "Bei dem neuen System geben wir die Ausgangsstoffe kontinuierlich zu", erklärt Steffens. Der Prototyp erzeugt so Stunde für Stunde 20 Kilogramm Granulat. "Das Gerät lässt sich aber problemlos so skalieren, daß es auch Mengen von drei Tonnen pro Stunde produziert."

Auf der diesjährigen Technologie-Messe Interpack stieß das System bereits auf enormes Interesse. Und das nicht nur bei Pharmaherstellern - auch die Lebensmittelindustrie zeigte sich von der Neuentwicklung angetan. Professor Steffens: "Mit unserer Maschine lässt sich Vieles granulieren - von Teextrakten bis hin zu Süßwaren aller Art."


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